Neurologen und Psychiater im Netz

Das Informationsportal zur psychischen Gesundheit und Nervenerkrankungen

Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Therapie bzw. Behandlung des Parkinson-Syndroms

Da das idiopathische Parkinson-Syndrom eine fortschreitende Erkrankung ist, liegen die Ziele der Behandlung darin, die Selbstständigkeit des Patienten in Familie, Beruf und Gesellschaft so lange wie möglich zu erhalten, die Lebensqualität wiederherzustellen, Pflegebedürftigkeit zu verhindern und Begleiterkrankungen (z.B. internistischer oder orthopädischer Natur) sowie weitere Komplikationen zu vermeiden.

Bei der Wahl des Medikaments berücksichtigt der behandelnde Arzt verschiedene Aspekte. Krankheitsstadium, Beschwerdebild, Alter und Aktivität des Parkinson-Patienten sowie Wirksamkeit und Verträglichkeit des Medikaments fließen u.a. in die Entscheidung ein. Eine gute Arzt-Patienten-Beziehung ist bei der richtigen Therapiefindung von grundsätzlicher Bedeutung. Arzt und Patient sollten immer gemeinsam entscheiden, welche Therapieform infrage kommt.

Levodopa

Das wirksamste Medikament für die Behandlung des echten Parkinson-Syndroms ist Levodopa (L-Dopa oder chem. L-3,4-Dihydroxyphenylalanin). Es kommt natürlicherweise in Pflanzen und in Tieren vor. Die eingesetzten Medikamente werden jedoch ausschließlich industriell hergestellt. Der Körper nimmt L-Dopa in die Nervenzellen auf und stellt daraus Dopamin her. Dopamin selbst kann nicht als Medikament gegeben werden, da es die so genannte Blut-Hirnschranke nicht überwindet. Das bedeutet, dass der Wirkstoff zwar in die Blutgefäße des Gehirns gelangt, nicht aber den letzten Schritt ins Nervengewebe vollziehen kann. Dies wird durch eine spezielle Barriere verhindert, die das Gehirn vor Schadstoffen schützen soll. L-Dopa wird gewöhnlich mit Carbidopa kombiniert. Carbidopa verhindert, dass L-Dopa bereits in Dopamin umgewandelt wird, bevor es das Gehirn erreicht hat. Dadurch werden einige unerwünschte Wirkungen wie Übelkeit und Erbrechen vermieden und die zur Behandlung benötigte Menge (Dosis) von L-Dopa kann niedriger sein.

Die Mehrzahl der Patienten erfährt im Frühstadium der Erkrankung eine deutliche Verbesserung ihrer Symptome nach einmonatiger Therapie mit ca. 300 mg L-Dopa am Tag. Eine ausbleibende Linderung der Symptome spricht gegen das Vorliegen einer echten Parkinson-Krankheit im Frühstadium.

L-Dopa kann so genannte Dyskinesien hervorrufen. Es handelt sich um unwillkürliche Zuckungen und ruckartige Bewegungen, die der Patient nicht verhindern kann. Häufigkeit und Schwere nehmen unter fortdauernder Behandlung mit L-Dopa meist weiter zu. Aufgrund dieser Nebenwirkung wird L-Dopa bei Patienten unter 70 Jahren in der Regel erst später im Erkrankungsverlauf eingesetzt und zuvor eine Therapie mit einem sogenannten Dopamin-Agonisten empfohlen.

Dopamin-Agonisten

Alternativ zur L-Dopa-Therapie werden häufig so genannte Dopamin-Agonisten verordnet. Diese Moleküle sind dem Dopamin chemisch sehr ähnlich und wirken im Körper wie der natürliche Botenstoff oder auf parallele Rezeptoren. Dopamin-Agonisten sind schwächer wirksam als L-Dopa. Heute werden Dopamin-Agonisten zu Beginn der Behandlung als alleiniges Mittel (Mono-Therapie) bei jüngeren Patienten verabreicht.  Auch wenn Dopamin-Agonisten dem L-Dopa ähnlich sind, haben sie doch vom L-Dopa verschiedene Nebenwirkungen. Diese sind von Dopamin-Agonist zu Dopamin-Agonist verschieden. Grundsätzlich gilt, dass die Vielzahl der Mittel dem Patienten die Chance bietet, das für ihn am besten verträgliche Medikament zu finden. Man muss hierbei Nebenwirkungen, welche die Verträglichkeit herabsetzen, von Komplikationen unterscheiden, welche die Gesundheit des Patienten ernsthaft gefährden.

Weitere Medikamente

Es existieren noch weitere Medikamente, welche u.a. die Wirksamkeit von L-Dopa unter-stützen und damit seine Nebenwirkungen reduzieren. So genannte COMT-Hemmer und MAO-B-Hemmer verzögern den Abbau von L-Dopa bzw. Dopamin im Körper. Auch Wirkstoffe (NMDA-Antagonisten, Anticholinergika), die dem Dopamin nachgeschaltete Botenstoffe (erhöhte Glutamat- oder Acetylcholin-Konzentration) beeinflussen, sind für die Behandlung der Parkinson-Krankheit verfügbar.

Physiotherapie (Bewegungstherapie)

Die Physiotherapie ist ein sehr wichtiger Bestandteil der Behandlung des Parkinson-Syndroms. Die Therapie fördert die Beweglichkeit, Körperstabilität und Reaktionsfähigkeit. Sie kann daneben bei Patienten im fortgeschrittenen Stadium einer Versteifung von Gelenken (Kontraktur) vorbeugen. Eine Gruppentherapie kann zudem der Vereinsamung der Patienten entgegenwirken.

Einige Studien weisen darauf hin, dass ein früher Beginn der Übungsbehandlungen sogar die Dosierungen der benötigten medikamentösen Therapie reduzieren kann.

Logopädie (Sprechtherapie)

Die Logopädie stellt eine wichtige Therapiemaßnahme zur Verbesserung der Sprechstörung bei Parkinson-Syndromen dar. Trainiert werden die Muskeln für das Stimmvolumen, die Atemtechnik und die klare Aussprache. Die Logopädie verbessert die mündliche Verständigung der Patienten, welche eine wichtige Voraussetzung für die Erhaltung der sozialen Kontakte ist.

Psychotherapeutische Maßnahmen

Weist der Patient Anzeichen einer Depression oder Psychose auf, wird eine zusätzliche medikamentöse und eventuell psychotherapeutische Therapie notwendig.

Tiefe Hirnstimulation

Die Tiefe Hirnstimulation THS ist ein etabliertes Therapieverfahren, das seit über 25 Jahren bei weltweit circa 100.000 Patienten angewandt wurde. Die Indikation zur THS sollte in einem spezialisierten Zentrum gestellt werden und kann dann zum Einsatz kommen, wenn

  1. es im Krankheitsverlauf zu Schwankungen der Beweglichkeit mit überbeweglichen (Dyskinesien) oder unterbeweglichen (Hypokinese) Phasen kommt, die zu einer Einschränkung der Lebensqualität führen und/oder
     
  2. wenn ein Tremor im Vordergrund des Beschwerdebildes steht, der nur unzureichend mittels einer medikamentösen Therapie beeinflusst werden kann.

Bei der THS werden Elektroden stereotaktisch in tiefere Gehirnregionen implantiert, und zwar handelt es sich beim idiopathischen Parkinsonsydnrom in der Regel um den Nucleus subthalamicus (STN) oder die Pars interna des Globus pallidus (GPi). Mit Hilfe eines implantierten Impulsgenerators erfolgt in den entsprechenden Regionen eine individuell steuerbare elektrische Stimulation. Diese führt zu einer Veränderung von krankhaft gestörten Aktivitäten von Nervenzellen, welches dann mit einer Reduktion der Bewegungsschwankungen und/oder des Tremors einhergeht.

In mehreren großen Studien konnte dahingehend nachgewiesen werden, dass die erzielte Symptomreduktion mit einer erheblichen Besserung der Lebensqualität für den Betroffenen einhergeht. Obwohl die Tiefe Hirnstimulation die Parkinson-Erkrankung nicht heilen kann, ist hierdurch eine in der Regel über viele Jahre anhaltende Beschwerdelinderung möglich. Zudem ist mittlerweile bekannt, dass eine mögliche Operation frühzeitig erfolgen sollte, d.h. bevor Patienten durch die o.g. Beschwerden relevant in ihren beruflichen und sozialen/familiären Aktivitäten eingeschränkt werden. Eine Überweisung in ein spezialisiertes THS-Zentrum zur Behandlungsabklärung und weitergehenden Information erfolgt durch den behandelnden Neurologen.

Frühzeitige Behandlung vorteilhaft

Eine Heilung der Parkinson-Erkrankung ist derzeit nicht möglich. Durch den Einsatz von Medikamenten und operativer Verfahren kann jedoch eine deutliche Symptomreduktion und eine hiermit verbundene Verbesserung der Lebensqualität erzielt werden. Weiterhin gibt es wissenschaftliche Hinweise dafür, dass ein frühzeitiger Einsatz aus der Medikamentengruppe der MAO-B-Hemmer sogar das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen kann. Grundsätzlich sollte daher rechtzeitig mit einer effektiven Behandlung begonnen werden, zumal hierdurch auch Begleitkomplikationen (z.B. Stürze, Schmerzen, Skelettveränderungen) verhindert werden können. Der Beginn und die Wahl der Therapie sollte durch den behandelnden Neurologen mit dem Patienten detailliert besprochen werden. Dabei können beispielsweise folgende Aspekte entscheidend sein:

  • Inwieweit führt die Erkrankung zu einer Beeinträchtigung im Beruf oder im Alltag,
     
  • Treten soziale Einschränkungen auf oder
     
  • liegt eine Minderung der Lebensqualität vor?

Die medikamentösen und operativen Behandlungsmöglichkeiten können zum Teil sehr effektiv durch die Anwendung von Physiotherapie und ggf. Ergotherapie sowie Logopädie flankiert werden.

Bei gut eingestellter Therapie sowie aktiver und gesunder Lebensweise ist die Lebenserwartung eines Parkinson-Patienten annähernd gleich der eines Gesunden. Bis zu einer Pflegebedürftigkeit verstreichen im Schnitt ca. 20 Jahre.

Fachliche Unterstützung: Prof. Dr. Alfons Schnitzler und Priv.-Doz. Dr. Martin Südmeyer, Düsseldorf (DGN)