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Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Krise/Notfall: Verdacht auf Suizidgefährdung

Nur sehr wenige Menschen entschließen sich spontan dazu, sich das Leben zu nehmen – bei den meisten ist der Entschluss zum Suizid ein längerer Prozess, der sich über Wochen oder Monate hinzieht. In dieser Zeit sendet der Betroffene häufig Signale an seine Umwelt, welche auf die drohende Gefahr hinweisen. Angehörige, Freunde, Arbeitskollegen und andere sollten solche Signale immer ernst nehmen und nicht als Spinnerei abtun. Das Vernachlässigen des Äußeren, besonders leichtsinniges Verhalten zum Beispiel im Straßenverkehr und plötzliche übertriebene Großzügigkeit können solche Zeichen sein, genauso wie der Rückzug aus sozialen Kontakten und Verschlossenheit sowie plötzlicher Alkohol- oder Drogenmissbrauch.
Häufig äußern Menschen mit Suizidgedanken auch, dass sich „das Leben ja ohnehin nicht mehr lohne“, „was das alles noch solle“ und dergleichen. Obwohl es schwer für Außenstehende ist, darauf einzugehen, sollten Freunde und Angehörige diese Signale unbedingt ernst nehmen.

Betreffende auf Suizidabsichten ansprechen

Sehr wichtig ist, jemanden, der möglicherweise Suizidgefährdet ist, darauf anzusprechen. Das Thema zu übergehen, kann katastrophale Folgen haben. Ein Suizid lässt sich nicht verhindern, indem man das Thema meidet. Wer jemanden auf das Thema anspricht, sollte keine Angst haben, damit den Suizid anzustoßen – meist ist es genau umgekehrt: Gefährdete Menschen sind häufig froh darüber, über ihre Probleme und bedrückenden Gedanken mit jemanden reden zu können und sich so zu entlasten. Zudem können Außenstehende erst in einem solchen Gespräch erkennen, wie hoch die Suizidgefahr wirklich ist.

Den Betreffenden auf das Thema Suizid anzusprechen, bedeutet allerdings nicht, selbst zum Therapeuten zu werden: Vielmehr sollten die Freunde oder Angehörigen den Betreffenden bewegen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dazu ist es oft sinnvoll, mit ihm zusammen zu einem niedergelassenen Psychiater oder in die Notfallambulanz einer Klinik zu gehen. Gerade Menschen in einer aktiven Depressionsphase sind häufig so niedergeschlagen und hoffnungslos, dass sie von sich aus nicht die Kraft haben, Hilfe zu suchen. Professionelle Hilfe zu organisieren ist der wichtigste Schritt überhaupt, um einen Menschen vor dem Suizid zu retten.

Die rechtliche Situation:

in Deutschland

In Deutschland ist die Beihilfe zum Suizid und sogar die Anstiftung dazu nicht strafbar - außer für Personen, die eine so genannte Garantenstellung gegenüber dem Betreffenden besitzen, zum Beispiel Ärzte oder Erziehungsberechtigte. Allerdings macht sich jeder der unterlassenen Hilfeleistung schuldig, der ab dem Augenblick, wo der Todesbereite bewusstlos ist, nichts unternimmt. Spätestens ab diesem Moment ist also jeder verpflichtet, den Betreffenden wiederzubeleben und Hilfe zu rufen.

Außerdem gilt: Jeder macht sich strafbar, der einen Menschen tötet bzw. „aktive Sterbehilfe“ leistet, auch wenn dieser das ausdrücklich möchte und darum bittet – zum Beispiel wegen einer schweren Krankheit. Das so genannte „Töten auf Verlangen“ wird in Deutschland mit Freiheitsstrafen von sechs Monaten bis fünf Jahren geahndet.

in Italien

In Italien ist jeder Mensch verpflichtet, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um die Lebensgefahr oder den schweren Gesundheitsschaden  Betroffener oder anderer Personen zu vermeiden (Art. 54 des Strafgesetzbuches).

Fachliche Unterstützung: Dr. Christa Roth-Sackenheim, Andernach (BVDP), Dr. Roger Pycha, Bruneck (SIP)