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Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Therapie: Einnässen tags (Harninkontinenz)

Kinder mit Dranginkontinenz, die plötzlich und dann auch sehr dringent zur Toilette müssen, müssen erst einmal lernen auf die von ihnen entwickelten Haltemanöver zu verzichten. Sie lernen im Rahmen einer Verhaltenstherapie die Drangsymptome wahrzunehmen und daraufhin umgehend die Toilette aufzusuchen, ohne den Beckenboden anzuspannen. In einem Kalender werden Miktionen ohne Einnässen (z. B. mit Fähnchen) und solche mit Einnässen (beispielsweise mit Wolken) erfasst. Während des Trainings ist es wichtig, dass das Kind immer und überall sofort auf Toilette gehen kann. Deshalb sollten Erzieher(innen) und Lehrer(innen) über das Training informiert und um wohlwollende Unterstützung gebeten werden. Im Laufe der Zeit bleibt die Hose dann immer häufiger trocken, schließlich werden auch die Zeitintervalle zwischen den Toilettenbesuchen länger. Bei einem Drittel reichen diese einfachen Maßnahmen aus. Bei den anderen ist eine Behandlung mit Oxybutinin, Propiverin oder anderen Medikamenten notwendig, die die Blase ruhig stellen. Die Pläne sollten weiter fortgeführt werden.

Schieben Kinder die Blasenentleerung auf, sollte man ihnen erst einmal erklären, dass ein Zusammenhang zwischen dem Einhalten des Urins und dem Einnässen besteht. Die Kinder werden im Rahmen eines anschließenden verhaltenstherapeutischen Programms zu festen Zeiten zur Toilette geschickt. Ein Wecker kann sie beispielsweise alle zwei bis drei Stunden an den anstehenden Toilettengang erinnern. Ziel sollte es sein, dass das Kind etwa sieben Mal am Tag zur Toilette geht. Für ihre Mitarbeit können die Kinder für jeden Toilettenbesuch belohnt werden (z.B. mit kleinen Stickern). Die Belohnung erhalten sie ausschließlich für ihre Kooperation nicht für das Trockenbleiben. Gelegentliche Unfälle werden auch nicht durch Entzug von Belohnungen bestraft.

Leiden die Kinder unter einer Blasenentleerungsstörung, müssen sie pressen, bevor der Harn zu fließen beginnt. Meist ist der Harnfluss unterbrochen. In diesem Fall hilft ein Bio-Feedback-Training. Auf einer speziellen Toilette können die Kinder den Harnfluss über einen Monitor und das meist unbewusste Anspannen des Beckenbodens beobachten. Durch das Feedback lernen sie den Beckenboden und damit den Schließmuskel gezielt zu entspannen. Für dieses Training ist eine Betreuung durch Experten unerlässlich. Kinder mit Stressinkontinenz benötigen ein Beckenbodentraining, Kinder, die unter der Unteraktiven Blase leiden, ein intensives Blasentraining. Bei Lachinkontinenz helfen Konditionierung und Medikamente.

Verweigert das Kind die Mitarbeit, weil es sich dem Wunsch der Eltern nicht beugen will, braucht die Familie unter Umständen Unterstützung durch einen Kinder- und Jugendpsychiater. Erfahrungsgemäß haben viele betroffene Kinder auch andere psychische Probleme, die dann gemeinsam behandelt werden können.

Fachliche Unterstützung: Prof. Dr. Alexander von Gontard, Homburg/Saar (DGKJP)