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Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten der Alzheimer-Demenz

Behandlung mit Antidementiva

Zur Informationsübertragung und -verarbeitung benötigt das Gehirn bestimmte Eiweißstoffe, welche zur Kommunikation der Nervenzellen untereinander dienen. Ein Mangel dieser Botenstoffe im Gehirn, speziell an Acetylcholin, scheint u.a. die Krankheitszeichen der Alzheimer-Demenz zu verursachen. Die medikamentöse Therapie erfolgt daher in der Regel mit so genannten (Acetyl)Cholinesterasehemmer (z.B. Galantamin, Rivastigmin und Donepezil), die wissenschaftlich besonders gut untersucht sind. Die Cholinesterasehemmer blockieren ein Enzym, das für den Abbau des Acetylcholins zuständig ist – die so genannte Cholinesterase. Die Folge ist, dass im Gehirn die Konzentration des Botenstoffes Acetylcholin ansteigt. Untersuchungen haben gezeigt, dass sich durch den Einsatz eines Cholinesterasehemmers die Gesamtsymptome wie Gedächtnisstörungen, Störungen der Informationsverarbeitung, der Alltagsfertigkeiten und Verhaltensstörungen vorübergehend nicht weiter verschlechtern bzw. sogar teilweise verbessern. Die Pflege der Patienten wird dadurch erleichtert. Der Gedächtnisabbau kann mit diesen Wirkstoffen gegenüber einer Nichtbehandlung um etwa 6 Monate bis  1 Jahr verzögert werden. Einen anderen Weg hinsichtlich des Wirkmechanismus beschreiten so genannte Glutamat-Antagonisten (z.B. Memantine). Diese Substanzen blockieren die Glutamat-Empfangsstellen an den Synapsen (Verbindung zwischen zwei Nervenstellen) und hemmen so die Erregungsweiterleitung an den Nervenzellen, die durch Glutamat reguliert werden. Der Wirkstoff zeigt eine Stabilisierung des allgemeinen Leistungsniveaus über einen Zeitraum von 6 Monaten bei mittelschwer und schwer dementen Alzheimer-Patienten.

Weiter werden antioxidative Wirkstoffe wie Vitamin A, C, E und Gingko Biloba in der Behandlung von Alzheimer-Patienten eingesetzt. Sie schützen u.a. vor freien Radikalen, welche als äußerst reaktive Stoffwechselprodukte des Sauerstoffs Zellmembranen und vergleichbare Strukturen schädigen und daher in Verdacht stehen, an der Entstehung von Demenzen beteiligt zu sein. Die Wirksamkeit von Antioxidanzien gilt aber wissenschaftlich nicht als eindeutig gesichert.

Behandlung von Verhaltensauffälligkeiten

Etwa 80% der Betroffenen fallen im Verlauf der Erkrankung durch gravierende Verhaltensänderungen auf: Sie beschimpfen z.B. Angehörige, wehren sich auch körperlich gegen Hilfestellungen. Sie misstrauen ihren Angehörigen, sie bestehlen zu wollen oder laufen nachts unruhig umher, weil sie nicht wissen, ob Tag oder Nacht ist oder sie sich bedroht fühlen. Diese Verhaltensstörungen sind heute in jedem Stadium gut behandelbar. Wesentlich ist genau zu prüfen, ob die Kommunikation mit dem Betroffenen oder andere Umgebungsfaktoren dieses Verhalten mit auslösen. Zunächst sollte mit allen Mitteln versucht werden durch Anpassung von Kommunikation und Umgebungsbedingungen das Verhalten zu verbessern. Nur wenn das nicht ausreichend gelingt und die Verhaltenssymptome zu einer erheblichen Belastung führen, sollte über einen medikamentöse Behandlung nachgedacht werden.

Risperidon ist als einziges modernes Neuroleptikum von der Arzneimittelbehörde für die Behandlung von Demenz-begleitenden Verhaltensstörungen wie schwere Aggressionen, Wahnvorstellungen und Halluzinationen, zugelassen.. Die Behandlung mit Risperidon und anderen Neuroleptika geht mit einem erhöhten Risiko für Schlaganfälle und für Tod einher, so dass die Behandlung immer nur über einen kurzen Zeitraum (wenige Wochen) durchgeführt und immer wieder überprüft werden sollte.

Es kommen auch stimmungsaufhellende Mittel (z.B. Antidepressiva, speziell selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer) zur Behandlung von Depressionen, Angstsymptomen oder Antriebsminderung bei Demenz zum Einsatz.

Benzodiazepine sind als Beruhigungsmittel generell nicht geeignet. Sie können nicht nur zur Abhängigkeit führen, sondern statt der erwünschten beruhigenden Wirkung so genannte paradoxe Reaktionen auslösen, d.h. der Patient kann unter Umständen mit starker Erregung reagieren. Außerdem werden die ohnehin schon eingeschränkten geistigen Fähigkeiten der Betroffenen noch weiter beeinträchtigt.

Begleittherapie

Neben der antidementiven Therapie und der Behandlung von Verhaltensstörungen sollte grundsätzlich eine Behandlung möglicher Grunderkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes, Fettstoffwechselstörungen sowie körperlicher Begleitbeschwerden wie z.B. eines Blasenkontrollverlusts (Inkontinenz) erfolgen. Auf eine ausgewogene Ernährung und eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr sollte geachtet werden.

Um mobil zu bleiben, können Alzheimer-Patienten zusätzlich Physiotherapie erhalten. Sie fördert u.a. die Bewegungskoordination, die Körperwahrnehmung und den Antrieb. Auch eine Logotherapie mit Atemtraining kann bei Sprech- und Schluckproblemen hilfreich sein.

Fachliche Unterstützung: Prof. Dr. med. Wolfgang Maier und Prof. Dr. med. Frank Jessen, Bonn (DGPPN)