Neurologen und Psychiater im Netz

Das Informationsportal zur psychischen Gesundheit und Nervenerkrankungen

Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Symptome und Krankheitsbild beim Bandscheibenvorfall

Ein Bandscheibenvorfall muss nicht zwangsläufig mit Schmerzen oder Lähmungserscheinungen einhergehen. Der Betroffene erfährt dann meist nur durch Zufall von der Erkrankung. Beschwerden treten erst auf, wenn die verrutschte Bandscheibe gegen einzelne Nervenwurzeln, das Rückenmark oder die Nervenfaserbündel in der Lendenwirbelsäule drückt.

Ein Hexenschuss (medizinisch: „Lumbago“)  ist häufig Hinweis auf eine geschädigte Bandscheibe. Die Patienten klagen über einen plötzlich einschießenden Schmerz  im unteren Rücken, der bis ins Bein ausstrahlen kann. Die Beschwerden sind zum Teil unerträglich und können durch Husten oder Niesen noch verstärkt werden. Wenn der ausgetretene Gallertkern noch zusätzlich eine Nervenwurzel einklemmt, sind Schmerzausstrahlung, Taubheitsgefühl oder Kribbeln und Lähmungserscheinungen oftmals die Folge. Husten, Niesen oder Pressen führt dann zu Schmerzverstärkung und/oder blitzartigem Kribbeln („Elektrisieren“) im Bein, und zwar in einem Gebiet, das von der betroffenen Nervenwurzel versorgt wird.

Beschwerden bei Druck auf die Nervenwurzel

Wenn die Bandscheibe aus dem Faserring herausgepresst wird und auf eine Nervenwurzel drückt, klagen die Patienten häufig über starke Schmerzen, die bis in die Arme (Vorfall im Bereich der Halswirbelsäule) und/oder Beine (Vorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule) ausstrahlen können. Oftmals haben die Betroffenen ein kribbeliges (so genanntes Ameisenlaufen) oder taubes Empfinden in den Extremitäten.  Auch können einzelne Muskeln geschwächt oder gar gelähmt werden. Bei Druck der verrutschten Bandscheibe auf die Nervenwurzeln im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule  entstehen Schmerzen, die vom Gesäß bis ins Bein ausstrahlen und neurologische Ausfälle wie Lähmungen oder Taubheitsgefühle nach sich ziehen. Diese Störung wird vom Mediziner als Ischialgie bezeichnet.

Beschwerden bei Druck gegen das Rückenmark

Bei Druck der Bandscheibe gegen das Rückenmark (Vorfall im Bereich der HWS) kann es zu Schmerzen in den Armen und Muskelschwäche in Armen und Beinen gleichzeitig kommen. Der Patient leidet in den meisten Fällen unter einem zusätzlichen Taubheitsgefühl im Unterkörper und unter Blasenentleerungsstörungen. Wenn diese Symptome auftreten, muss der Betroffene sofort eine Klinik aufsuchen, da es sich hierbei um einen medizinischen Notfall handelt. Nur eine rechtzeitige Untersuchung und Behandlung kann dauerhafte Lähmungen oder Gefühlsstörungen im Sinne einer Querschnittslähmung vermeiden. 

Beschwerden bei Druck gegen den Pferdeschweif (Kauda-Syndrom)

Ist das Nervenfaserbündel  in der unteren Lendenwirbelsäule von einem Bandscheibenvorfall betroffen, dann beherrscht der Patient Harnblase und Enddarm nicht mehr. Er hat zudem kein Gefühl mehr im Anal- und Genitalbereich und zwischen den Oberschenkeln, und unter Umständen sind seine Beine gelähmt. Da die Ausfallserscheinungen einen Bereich betreffen, der bei einer Fahrrad- oder Reithose gepolstert ist, spricht man auch von der so genannten Reithosenanästhesie. In diesem Fall muss so schnell wie möglich (in jedem Fall noch am gleichen Tag) der Bandscheibenvorfall operativ behandelt werden, da schon nach zwölf Stunden die Gefahr bleibender (irreversibler) Schäden vor allem der Blasenfunktion besteht.

Patienten klagen bei einem Bandscheibenvorfall nur über Schmerzen, wenn der verrutschte Gallertkern der Bandscheibe gegen Nervenwurzeln, das Rückenmark oder die Nervenfaserbündel in der Lendenwirbelsäule drückt. Die Schmerzen sind zwar in den meisten Fällen sehr unangenehm, aber hinsichtlich bleibender Schäden eher „nützlich“. Denn falls die Beschwerden plötzlich verschwinden und sich Lähmungserscheinungen oder ein Taubheitsgefühl einstellen bzw. sich verstärken, ist die Nervenwurzel komplett geschädigt. In diesem Fall spricht der Fachmann auch vom „Wurzeltod“. Für den Betroffenen kann dies fälschlicherweise als Behandlungserfolg imponieren, doch in Wirklichkeit handelt es sich um einen Notfall, bei dem keine Zeit verloren werden darf. Wenn nicht umgehend durch eine Operation der Druck auf die Nervenwurzel entlastet wird, bleiben meist dauerhafte Schäden (Lähmungen, Taubheitsgefühl, Störungen der Blasenfunktion) bestehen.

Fachliche Unterstützung: Dr. med. Uwe Meier (BDN), Grevenbroich