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Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Therapiekonzept und Behandlungsphasen bei Depression

Depressive Episoden lassen sich mit modernen Behandlungsmethoden oft rasch heilen oder lindern und die Lebensqualität der Betroffenen damit entscheidend verbessern. Trotzdem handelt es sich in mehr als 50% der Fälle um eine wiederkehrende oder chronische Erkrankung, deren Ursachen sich bisher nicht beseitigen lassen. Jede depressive Episode erhöht das Risiko für eine weitere Episode und das Absetzen der Behandlung steigert die Wahrscheinlichkeit für eine solche Entwicklung.

Wesentliche Grundlage der Behandlung ist der Einsatz antidepressiver Medikamente, die Durchführung einer Psychotherapie oder die Kombination beider Maßnahmen. Bei leichten und mittelschweren depressiven Phasen ist Psychotherapie ebenso wirksam wie Medikamente. Psychotherapie benötigt allerdings mehr Zeit als ein Antidepressivum, bis die Wirkung eintritt. Bei schweren depressiven Episoden ist nach heutigen Erkenntnissen eine Kombinationstherapie wirksamer als Pharmako- bzw. Psychotherapie alleine. Bei leichten Depressionen (leichte depressive Episoden, Dysthymien, sind antidepressive Medikamente weniger gut wirksam als bei schweren Depressionen, weshalb Psychotherapie bevorzugt werden soll.

Ob eine ambulante Behandlung möglich oder ein stationärer Aufenthalt nötig ist, ist u.a. von der Art und der Schwere der Depression sowie vom individuellen Selbstmordrisiko abhängig. Bei einer psychotischen Depression ist eine Klinikeinweisung z.B. meist unumgänglich. Die Behandlung der depressiven Erkrankung ist je nachdem, in welcher Phase der Erkrankung der Betroffene sich befindet, unterschiedlichen Zielen unterworfen:

1. Akuttherapie bei Depression

Die Akuttherapie sollte beginnen sobald eine akute Krankheitsphase auftritt. Sie wird so lange fortgesetzt bis sich die akuten Symptome der Depression deutlich gebessert haben; sie dauert daher in der Regel vier bis acht Wochen an. Die Aufklärung über die Erkrankung und das geplante Therapiekonzept sowie über die Notwendigkeit der Einnahme von Medikamenten stehen während der Akuttherapie im Mittelpunkt. Neben dieser so genannten Psychoedukation spielt auch der Kontakt zum Arzt in dieser Phase eine ganz wichtige Rolle – er steht Betroffenen für alle Fragen zur Verfügung und macht Ihnen Mut, die Behandlung fortzusetzen und die evtl. verordneten Medikamente regelmäßig einzunehmen. Dabei sollten Betroffene wissen, dass die Wirkung antidepressiver Medikamente oft erst nach einigen Tagen bis Wochen eintritt. In dieser Phase werden auch begleitende soziotherapeutische Maßnahmen eingeleitet.

2. Erhaltungstherapie bei Depression

Die Erhaltungstherapie schließt sich an die Akuttherapie an und soll den Zustand des Betroffenen so weit stabilisieren, dass es nicht zu einem Rückfall kommt. Unter einem Rückfall verstehen Psychiater das Wiederauftreten von Krankheitsanzeichen bevor es zur wirklichen Genesung gekommen ist. Kommt es zu erneuten Symptomen nach einer Wiederherstellung des ursprünglichen Gesundheitszustandes, sprechen Ärzte von einer Wiedererkrankung. Ziel der Erhaltungstherapie ist es, diesen stabilen Zustand für mindestens vier bis sechs Monate zu halten. Wichtig ist es dafür, mögliche Warnzeichen für einen Rückfall frühzeitig zu erkennen und Mechanismen zur Abwendung zu kennen. Ein vertrauensvolles Arzt-Patienten-Verhältnis bildet die Basis einer erfolgreichen Therapie.

3. Wiedererkrankungs-Vorsorge (Rezidivprophylaxe) bei Depression

Die Vorbeugung einer Wiedererkrankung beginnt, sobald sich die Stimmungslage des Betroffenen wieder normalisiert hat. Sie soll langfristig verhindern, dass es zu einer erneuten akuten Krankheitsepisode kommt. Wie lange diese so genannte Rezidiv-Prophylaxe durchgeführt wird, hängt u.a. von der Anzahl und Schwere der depressiven Episoden ab. Generell darf die verordnete Therapie des Arztes nicht selbstständig abgesetzt werden und es sollte ein geregelter Ruhe/Aktivitätsrhythmus im Alltag erreicht und aufrechterhalten werden. Bei einer drohenden Wiedererkrankung sollten in der Psychotherapie erlernte Frühinterventionsmaßnahmen greifen.

Vielen depressiven Patienten hilft ein detaillierter Tagesplan sowie eine Liste mit möglichen angenehmen Aktivitäten und einer Übersicht über täglich anfallende Routineaufgaben: Setzen Sie sich konkrete Ziele und seien Sie stolz auf jeden noch so kleinen Erfolg. Mithilfe eines Stimmungstagebuchs können Sie Ihre Fortschritte am besten mitverfolgen.

Die Einbeziehung vom Partner und von Familienangehörigen spielt in der Therapie depressiver Erkrankungen häufig eine große Rolle. Die Angehörigen sollten über das Erscheinungsbild, die Behandlungsmöglichkeiten und die Prognose der Erkrankung eingehend informiert werden (Psychoedukation). Denn nur mit einem fundierten Wissen können sie den Patienten unterstützen, zur Fortsetzung der Behandlung motivieren und zum Schutz vor Rückfällen beitragen.

Fachliche Unterstützung: Prof. Dr. med. Ulrich Voderholzer (Autor), Prien am Chiemsee (DGPPN) und Dr. Roger Pycha, Bruneck (SIP)