Neurologen und Psychiater im Netz

Das Informationsportal zur psychischen Gesundheit und Nervenerkrankungen

Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Alter: Risikofaktoren

Das höhere Lebensalter geht mit verschiedenen einschränkenden Faktoren einher, die das psychische Wohlbefinden beeinflussen können. Mit zunehmendem Alter verändert sich die körperliche Gesundheit und gemeinsam mit zunehmenden Verlusterfahrungen können sie auch die seelische Gesundheit verändern. Ältere Menschen müssen sich verstärkt an eine eingeschränkte Lebensgestaltung anpassen. Die endliche Lebenszeit wird ihnen bewusster und führt zu Auseinandersetzungen mit der Angst vor Hilflosigkeit und der Abhängigkeit von Hilfe sowie mit dem eigenen Tod. Nicht verarbeitete Erlebnisse des bisherigen Lebens können ebenfalls Einfluss auf die psychische Gesundheit nehmen. Psychische Erkrankungen im Alter sind oft die Folge mehrerer körperlicher und emotionaler Belastungen, denen ältere Menschen in besonderer Weise ausgesetzt sind. Selten sind sie einer einzigen Ursache zuzuordnen und sie bedürfen daher einer umfassenden Betrachtungsweise, die gleichzeitig körperliche, seelische und soziale Faktoren einschließt.

Alterungsprozesse und Krankheit

  • Mit zunehmendem Alter nehmen physiologischerweise  körperliche Funktionen, wie Beweglichkeit, Sehen und Hören ab. Die natürlichen Anpassungs- und Abwehrfunktionen sind herabgesetzt.
     
  • Es gibt altersbedingte physiologische Abnahmen in der Fähigkeit höherer Hirnleistungen beim gesunden Altern: dazu gehören beispielsweise die kontrollierte Aufmerksamkeit bei Aufgaben, die weniger klar strukturiert sind und wenn ablenkende Reize vorhanden sind oder wenn mehrere Aufgaben gleichzeitig bearbeitet werden müssen und die Kontrollanforderungen besonders hoch sind. Ferner lässt die Leistung des sogenannten Arbeitsgedächtnisses nach, in dem Informationen in der Aufmerksamkeit gehalten werden, um sie gleichzeitig zu bearbeiten.
     
  • Die Zahl von Erkrankungen, wie beispielsweise Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Lungenerkrankungen oder Krebserkrankungen steigt. So kommt es, dass ein Viertel der Menschen zwischen dem 70. und 85. Lebensjahr unter mehreren körperlichen Erkrankungen leiden, bei 30% der über 80-jährigen sind es sogar sieben oder mehr Krankheiten.
     
  • Bei der Verordnung und Dosierung von Medikamenten ist im Alter besondere Vorsicht angebracht, da sich die Verstoffwechselung der Medikamente im Alter verändert und die notwendige Verordnung mehrerer unterschiedlicher Medikamente (Polypharmazie) bei mehreren vorliegenden Erkrankungen (Multimorbidität) zu möglichen Wechselwirkungen führen kann.

Verlusterfahrungen

Das Alter birgt neben körperlichen Einschränkungen auch weitere Veränderungen, insbesondere Verlustsituationen, die unterschiedliche Anpassungsleistungen erfordern.

  • Das Ausscheiden aus dem Berufsleben stellt eine Schwellensituation dar und kann seelisch belasten. Rolle und Status verändern sich, der tägliche Kontakt zu den Kollegen fehlt, die geistige Beanspru-chung ist nicht mehr selbstverständlich. Es bedarf einiger Anstrengung, die Schwelle vom zweiten in das dritte Lebensalter zu überwinden und eine neue Lebensgestaltung zu entwerfen, die als erfüllend erlebt wird.
     
  • Das höhere Lebensalter ist mit Beziehungsverlusten verbunden, durch Erkrankung und Tod sowie durch eine zunehmende Immobilität. In Deutschland waren 2008 über 60 % der über 80jährigen Frauen und über 20% der Männer alleinstehend.

Fachliche Unterstützung: Prof. Dr. med. Vjera Holthoff, Dresden (DGPPN)