Neurologen und Psychiater im Netz

Das Informationsportal zur psychischen Gesundheit und Nervenerkrankungen

Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Was ist eine Altersdepression?

Bei depressiven Patienten ab 65 Jahren spricht man von einer Altersdepression bzw. einer Depression im Alter. Als Depression (lat.: Lustlosigkeit, Bedrücktheit) wird allgemein eine psychische, affektive, also eine die Gefühlswelt betreffende Störung bezeichnet, bei der die Stimmung eines Menschen negativ verändert ist und er von Freudlosigkeit, Niedergeschlagenheit und Antriebslosigkeit dominiert wird. Anders als bei jüngeren Menschen sind im Alter diese Hauptsymptome einer Depression anfänglich oft von körperlichen Beschwerden, teilweise auch psychosomatischer Natur, überlagert. Bei älteren Betroffenen überwiegen oft unspezifische Symptome wie Kopf- und Rückenschmerzen, Schwindelanfälle oder Magen-Darm-Beschwerden, die eigentlich typische Stimmungsveränderung erfolgt meist schleichend im Hintergrund.

Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko, eine Depression zu entwickeln. Während in der gesamten Bevölkerung durchschnittlich 5% an einer Depression erkrankt sind, leiden etwa 20% an einer Altersdepression. Bei Bewohnern von Senioren- oder Pflegeheimen steigt der Anteil auf 30 bis 40%. Bei Menschen, die bereits in jüngeren Jahren erkrankt sind, besteht die Depression häufig im höheren Lebensalter fort. Damit ist die Altersdepression neben der Demenz die häufigste psychische Erkrankung im Alter. Sie kann eigenständig  oder in Verbindung mit anderen Erkrankungen – physischer wie psychischer Natur – auftreten. Die überwiegende Anzahl der Betroffenen ist weiblich, vor allem bei den ca. 5% Patienten mit schweren Depressionen.

Die Ursachen und Auslöser für eine Altersdepression sind vielfältig. Die oft hohen emotionalen Anforderungen im Alter stellen ein großes Risiko für die Entwicklung einer Depression dar. Viele ältere Menschen erleben beispielsweise den Rollenwechsel vom Beruf zum Rentendasein bzw. den Auszug der Kinder als negatives Ereignis. Häufig kommen in dieser Zeit der Verlust des Partners oder enger Freunde, die Abnahme anregender sozialer Kontakte sowie eine nachlassende geistige und körperliche Leistungsfähigkeit bis hin zur Pflegebedürftigkeit als weitere Risikofaktoren hinzu.

Die Diagnose „Altersdepression“ wird derzeit nur bei 10 bis 20% der Betroffenen gestellt und noch seltener adäquat behandelt. Der Hauptgrund ist wohl darin zu finden, dass sowohl der depressive Patient als auch der Hausarzt den Fokus auf die begleitenden körperlichen Beschwerden richtet. Erschwerend kommt hinzu, dass  die Krankheit „Depression“ in der Öffentlichkeit und vor allem das mögliche Auftreten in der eigenen Familie immer noch tabuisiert werden. Das Beklagen unspezifischer Beschwerden, das Äußern von Ängsten oder gedrückte Stimmung bei Eltern oder Großeltern nehmen Angehörige oft zu wenig ernst und so findet der Betroffene kaum Unterstützung. Ein Facharzt für psychische Leiden im Alter, ein Gerontopsychiater und
-psychotherapeut, wird letztlich auch aus Schamgefühl selten konsultiert. Doch vor dem Hintergrund, dass die Menschen immer älter werden und das Suizidrisiko in der späten Lebensphase stark erhöht ist, ist eine Sensibilisierung und Enttabuisierung dieser Problematik dringend erforderlich.

Fachliche Unterstützung: Dr. Lutz M. Drach, PD Dr. Martin Haupt (DGGPP)