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Intimität während Adoleszenz: Gesunde Selbstöffnung und problematische Ausformungen

Intimität als zwischenmenschliche Nähe bedarf einer Befähigung, die im Kindes- und Jugendalter schrittweise erworben wird. Zuerst gestalten Kinder ihre Beziehungen auf dem selbstfokussiertem Niveau einer „egoistischen Partnerhaltung“ und erreichen später die Stufe auf der sie sich idealtypische Muster von Beziehungen vorstellen. Es handelt sich dabei um Mann-Frau-Klischees. Das Beziehungsniveau wird als rollenfokussiert bezeichnet. Im Jugendalter schließlich gelingt die Selbstöffnung, in der Beziehung wird eine Dialogfähigkeit hergestellt.

Intimität ist aber auch ein körperlicher Vollzug, der die Funktionsfähigkeit der Geschlechtsorgane und den verantwortungsvollen Umgang mit Macht und Entscheidungsgewalt benötigt. Partner müssen sich gegenseitig einen Vorschuss an Vertrauen gewähren, eigene Bedürfnisse sind mit dem Partner abzustimmen. Sexualität und Intimität können nur unter solchen Bedingung integriert werden. Eine reiche Intimität setzt voraus, dass andere Entwicklungsaufgaben der Selbstentwicklung wie Identität, Selbstwert und Autonomie weitgehend positiv bewältigt wurden. Nur eine sichere Identität erlaubt das Risiko einer partiellen Verschmelzung mit einem anderen Menschen einzugehen. Während Kinder noch häufig in von anderen gestalteten Beziehungsangeboten leben, die ihnen auch ohne allzu aktives Zutun zuteilwerden können, ist Jugendlichen die Aufgabe gestellt, mit Hilfe ihrer kommunikativen Fähigkeiten aktiv die Distanz zu einem Menschen zu überwinden und sich frei zu entscheiden, ob sie eine Beziehung eingehen wollen oder nicht. Wenn sich Jugendliche auf sich Intimität einlassen, schöpfen sie lebensgeschichtlich betrachtet aus dem Repertoire frühkindlicher Beziehungs- und Körpererfahrungen.

Fachliche Unterstützung: Prof. Dr. Jörg M. Fegert, Ulm (DGKJP)