Neurologen und Psychiater im Netz

Das Informationsportal zur psychischen Gesundheit und Nervenerkrankungen

Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Einsatzbereiche von Soziotherapie

Soziotherapie stellt einen individuell an die Belange des Patienten angepassten Hilfeansatz dar.

Die Soziotherapie greift bei Patienten mit Psychosen oder psychoseähnlichen Zuständen wie z.B. einer bipolaren Störung. Eine Soziotherapie ist in diesen Fällen dann angezeigt (Indikation), wenn

  • Kontaktstörungen bestehen,
     
  • der Patient nicht mehr in der Lage ist, soziale Beziehungen zu pflegen,
     
  • der Lebensalltag nicht mehr eigenständig zu bewältigen ist und der Patient beispielsweise keiner geregelten Arbeit mehr nachgehen kann,
     
  • Störungen des Antriebs, der Ausdauer und der Belastbarkeit bestehen,
     
  • das planerische Denken und Handeln eingeschränkt ist,
     
  • der Realitätsbezug verloren gegangen ist,
     
  • die kognitiven (das Denken betreffende) Fähigkeiten gestört sind,
     
  • die Kommunikation nur sehr eingeschränkt möglich ist und
     
  • eine mangelnde Krankheitseinsicht besteht, die dazu führt, dass auch keine Bereitschaft mehr vorhanden ist, an anderen therapeutischen Maßnahmen (z.B. Ergotherapie) mitzuwirken.

In der Praxis wird Soziotherapie vor allem bei Patienten verordnet, deren Krankheitsverlauf schwer und chronifizierend ist und bei denen bereits mehrfache stationäre Aufenthalte notwendig gewesen sind.

  • Erfüllt der Betroffene die Voraussetzungen für eine Soziotherapie, klärt der behandelnde Nervenarzt/Psychiater den Patienten – tlw. nach Überweisung vom Hausarzt – zunächst über die Möglichkeit und den Nutzen einer Soziotherapie auf. Der Arzt führt dann zusammen mit einem erfahrenen Soziotherapeuten (Sozialarbeiter, Sozialpädagogen oder psychiatrisch geschulte Krankenpflegekraft) ein weiteres Gespräch mit dem Patienten, indem der Betroffene ausführlich über die Inhalte und Ziele einer Soziotherapie informiert wird.
     
  • Nach enger Absprache des Nervenarztes/Psychiaters mit dem Soziotherapeuten wird in einem weiteren Schritt ein gemeinsamer, individuell angepasster, soziotherapeutischer Betreuungsplan erstellt, der von allen Beteiligten (Patient, Nervenarzt/Psychiater und Soziotherapeut) unterschrieben wird. Alle Ziele und Inhalte der Soziotherapie werden zeitnah abgesprochen.
     
  • Der letzte Schritt umfasst die Dokumentation und Koordination der verordneten Leistungen, zu denen im Rahmen des soziotherapeutischen Betreuungsplans der Patient hingeführt werden soll.

Die fachärztliche Behandlung, medikamentöse Versorgung und (sozio)therapeutische Hilfen sind eng strukturiert. Der Soziotherapeut und behandelnde Arzt befinden sich daher die ganze Zeit über in einem fortwährenden, regen Austausch. Art und Dauer der Soziotherapie richten sich nach dem Krankheitsbild und seiner Schwere. Die gesetzlichen Krankenkassen unterstützen eine Therapie von max. 120 Stunden in 3 Jahren. Der Patient muss vorab informiert werden, dass es sich hier um eine zeitlich begrenzte Maßnahme handelt, die seine Mitarbeit erfordert. Nach Ablauf der 120 Stunden soll der Patient zur selbstständigen Nutzung des Sozialangebotes fähig sein. Die Stellung eines Verlängerungsantrags ist in Ausnahmefällen möglich.

Fachliche Unterstützung: Prof. Dr. med. Peter Falkai, München (DGPPN) und Prof. Dr . med. Anita Riecher-Rössler, Basel (SGPP)