Neurologen und Psychiater im Netz

Das Informationsportal zur psychischen Gesundheit und Nervenerkrankungen

Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Prophylaxe bzw. Vorbeugung vom Migräne

Medikamentöse Migräne-Vorbeugung

Ziel einer medikamentösen, vorbeugenden Behandlung der Migräne ist es, Häufigkeit,  Dauer und Intensität von Migräneattacken zu vermindern. Außerdem versucht man auf diese Weise, das Risiko eines medikamenteninduzierten Kopfschmerzes, d.h. eines Kopfschmerzes der durch die Einnahme zu vieler Migräne- und Schmerzmittel ausgelöst wird, zu senken bzw. einen Missbrauch von Schmerzmedikamenten zu verhindern. Eine medikamentöse Migräne-Prophylaxe wird Patienten empfohlen, bei denen mindestens eine der folgenden Aussagen zutrifft:

  • die Anfallsbehandlung führt bisher zu keinem befriedigendem Ergebnis;
     
  • Sie haben mehr als drei Migräneattacken pro Monat;
     
  • Sie vertragen die Medikamente zur Behandlung der Migräneattacke schlecht oder gar nicht;
     
  • die Zahl der Migräneattacken nimmt bei Ihnen zu;
     
  • Sie nehmen an mehr als 10 Tagen im Monat Schmerz- oder Migränemittel ein;
     
  • die Lebensqualität ist durch die Migräne stark eingeschränkt
     
  • bei Ihnen kommt es nach einer Migräne zu neurologischen Beschwerden, die länger als sieben Tage andauern.

Dies sind alles Richtwerte. Wichtig ist, wie sehr Sie durch die Migräne in Ihrer Lebensqualität beeinträchtigt sind. Wenn Sie durch die Anfälle häufig krankgeschrieben sind oder sonstigen Tätigkeiten nicht nachgehen können oder wenn die Anfälle unerträglich sind, spricht dies für eine Migräne-Prophylaxe. Ihr Facharzt wird mit Ihnen die Vor- und Nachteile der Migräne-Prophylaxe in Ihrem Fall durchsprechen.

Eine medikamentöse Migräne-Prophylaxe erfolgt mit Medikamenten wie den so genannten, eigentlich zur Blutdrucksenkung verwendeten, Betablockern (Metoprolol, Propranolol) oder dem Calcium-Antagonisten Flunarizin bzw. Mitteln gegen Epilepsie Valproinsäure oder Topiramat. Wird mit diesen Arzneistoffen keine ausreichende Wirkung erzielt, kann der behandelnde Arzt andere Wirkstoffe wie z.B. Amitriptylin, Naproxen oder Pestwurz verordnen. Bei chronischer Migräne sind Topiramat und Injektionen von Boutlinumtoxin wirksam.

In einem Kopfschmerz-Tagebuch sollten Sie über vier Wochen jede Attacke und die jeweilige Medikation eintragen. Nur so lässt sich der Erfolg oder Misserfolg der Behandlung messen. Sie können das Tagebuch auch nutzen, um Situationen zu finden, die bei Ihnen Migräneattacken auslösen, so genannte Trigger. Die Meidung dieser Trigger ist natürlich auch eine mögliche Form der Selbstbehandlung und der Vorsorge.

Nicht-medikamentöse Migräne-Vorbeugung

Medikamente sind eine, aber nicht die einzige Möglichkeit zur Minderung der Anfallshäufigkeit bei der Migräne. Neben Verhaltenstherapie und Entspannungsverfahren eignen sich auch Ausdauersport und Akkupunktur zur Vorbeugung von Migräne.

Ein regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus ist hierfür ebenso unerlässlich wie das Einhalten von festen Mahlzeiten, damit der Blutzuckerspiegel nicht zu sehr schwankt. Mit Hilfe eines Kopfschmerz-Tagebuches können Betroffene ihre persönlichen Migräneauslöser ermitteln. Sind diese erkannt, können sie größtenteils vermieden werden. So kann man etwa den Klingelton des Telefons und der Haustür leiser stellen und bei hellem Wetter eine Sonnenbrille tragen. Auch regelmäßiger Sport kann die Häufigkeit von Migräneattacken senken. Wissenschaftlich belegt ist dies für Ausdauersportarten wie Schwimmen, Joggen oder Fahrradfahren.

Außerdem existieren eine Reihe verhaltenstherapeutischer Verfahren, die ebenfalls wirksam sind. Diese nicht-medikamentösen Therapien können auch ergänzend („komplementär“) und kombiniert zur medikamentösen Migräne-Prophylaxe eingesetzt werden. Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie empfiehlt eine „komplementäre“ Therapie für alle Patienten mit mehr als drei Migräneattacken pro Monat. Die wichtigsten Methoden sind heute:

  • die Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson (PMR);
     
  • das „kognitive-behaviorale“ Schmerzbewältigungstraining (Stressmanagement)
     
  • Biofeedback-Therapie;

Bei der Biofeedback-Methode werden biologische Signale wie z.B. der Blutdruck in sichtbare oder hörbare Signale umgesetzt und damit dem Patienten bewusst gemacht. Dadurch können Migräne-Patienten z.B. lernen, die Gefäßweite ihrer Blutgefäße der Kopfhaut willkürlich zu beeinflussen und dadurch die Schmerzen in den Griff zu bekommen. Bei der PMR, die auch für Kinder sehr gut geeignet ist, trainieren Patienten gezielt – z.B. in Form von Fantasiereisen durch den Körper –, einzelne Muskelbereiche anzuspannen und wieder zu entspannen. Während des Stressbewältigungstrainings setzen sich die Betroffenen mit möglichen Stressfaktoren im Alltag und Beruf sowie ihren individuellen, automatisch ablaufenden Verarbeitungsweisen von Ereignissen – ihren so genannten kognitiven Prozessen – aktiv auseinander und versuchen, Strategien zur Bewältigung/Vermeidung zu entwickeln.

Einige Studien belegen, dass diese medikamentösen und nicht-medikamentösen Verfahren, die Häufigkeit von Migräneattacken deutlich senken können.

Fachliche Unterstützung: Prof. Diener, Essen (DGN, BDN)