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Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Sexueller Missbrauch: Die Täter/innen

Sexueller Missbrauch ist in allen Gesellschaftsschichten zu finden. Es handelt sich hier keinesfalls um ein Problem der sozial Schwachen oder minder Gebildeten. Es lässt sich auch sonst keine einheitliche typische Täterpersönlichkeit aufzeigen. Oftmals handelt es sich um unauffällige und den herrschenden Normen angepasste Personen mittleren Alters mit nach außen ganz normalem Familienleben (Murray, 2000).

Die Täter/innen planen ihre sexuell motivierten Kindesmisshandlungen zumeist sorgfältig, um nicht „erwischt“ zu werden. Die immer noch weit verbreitete Annahme, die Täter seinen „böse, fremde Männer“, welche den Kindern in einer bedrohlichen Art gegenübertreten und sie direkt und offensichtlich gefährden, ist so nicht haltbar. Denn die Bedrohung geht meist von Vertrauenspersonen innerhalb der Familie, des Freundes- und Bekanntenkreises, der Nachbarschaft, des Kollegenkreises oder Erziehungsstätten und Vereinen aus. Ein großer Teil der Täter/innen kommt aus der direkten Familie (Vater(figuren)), Bruder, Großvater, Mutter, Schwester, Großmutter). Nur in etwa 6 Prozent der Fälle kennen sich Täter und Opfer vorher nicht.

Den Tätern/innen aus dem sozialen Umfeld des Kindes gelingt es leichter, Situationen zu finden oder herbeizuführen, in denen sie sich dem Kind unauffällig nähern können. Eine Studie aus den 90er Jahren beschreibt verschiedene Strategien von missbrauchenden Personen (Pryor, 1996): Durch emotionale Zuwendung zum Kind erreichen sie, dass dieses die sexuellen Handlungen über sich ergehen lässt, sie duldet. Widersetzt sich das Kind, wird Gewalt angewendet oder der Täter versucht, die „wunden Punkte“ des Kindes herauszubekommen, so dass kein offener Zwang oder Gewalt nötig sind, um die gewollten Handlungen durchzusetzen. Auf diese Weise redet der Missbraucher sich und dem Kind ein, dass es „freiwillig“ mitmache. Durch Geschenke wird eine Abhängigkeit erzeugt und verstärkt. Kinder haben somit häufig zwiespältige Gefühle gegenüber den Tätern. Auch die natürliche Neugier und die altersbedingte Unwissenheit der Mädchen und Jungen werden gezielt ausgenutzt.

Fachliche Unterstützung: Prof. Dr. Jörg M. Fegert, Ulm (DGKJP)