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Burnout-Syndrom: Ursachen

Burn-out-Erleben hat niemals nur eine Ursache! Schon die große Zahl der sich heute als ausgebrannt erlebenden Menschen zeigt, dass das Phänomen in hohem Maße aktuelle berufliche und gesellschaftspolitische Konstellation widerspiegelt. Belastungen und Stressoren am Arbeitsplatz sind heute offenbar oft so konstelliert, dass sie von vielen Menschen auf Dauer nicht oder nur schlecht zu bewältigen sind. Leistungsdruck, Angst vor Arbeitsplatzverlust, Kränkungen, eine Gleichsetzung von beruflichem Erfolg und hohem Einkommens mit Selbstwertgefühl, die Notwendigkeit in hohem Maße flexibel sein zu müssen bei gleichzeitigem Verlust sozialer Bindungen und Sicherheiten – die Liste entsprechender, existenziell belastender Aspekte im Spannungsfeld politisch-gesellschaftlicher Rahmenbedingungen und individuellen Möglichkeiten und Bedürfnissen, ließe sich unschwer verlängern.

Gleichwohl gibt es Menschen, die auch in schwierigsten beruflichen und privaten Konstellationen relativ gut zu Recht kommen, etwa als Lehrer den Altersruhestand mit Elan erreichen - während andere in ähnlicher Situation sich von Anfang an als ausgebrannt erleben. So gesehen resultiert Burnout-Erleben aus einer als solches wahrgenommenen, (anhaltenden) krisenhaften Diskrepanz zwischen individuellen Ansprüchen und Möglichkeiten (etwa mit Konflikten konstruktiv umzugehen) und den jeweiligen situativen Gegebenheit. In den Extremen gibt es Menschen, die auch ohne (von außen betrachtet) als solchen erkennbaren Druck „ausbrennen“ und solche, die relativ hohe Belastungen eher als anregend erleben und gesund bleiben. Respektive gibt es berufliche Konstellationen, die auch ansonsten sehr labile Menschen als stützend erleben und zu kreativer Arbeit motivieren und solche, die derart durch Konflikte, Verunsicherungen und Kränkungen determiniert sind, dass selbst stabile, selbstsichere Menschen Gefahr laufen, in Burnout-Konstellationen hinein zu geraten.

Die Hypothese, wonach es nur bzw. insbesondere besonders engagierte Menschen treffe, ließ sich empirisch nicht bestätigen. Auch diverse, Burnout als regelhaft ablaufenden Prozess (in 2-12 Stufen verlaufend) beschreibende Modelle, so anschaulich und plausibel sie auch mitunter zu sein scheinen, sind nicht durch wissenschaftliche Befunde belegt. Vielmehr wurde bei diesen Untersuchungen deutlich, dass Menschen sich hinsichtlich ihrer Muster und Strategien, mit den Belastungen bzw. mit (chronischem) „Stress“ in Beruf und Privatleben umzugehen, deutlich unterscheiden - wobei es offenbar günstige und weniger günstige Strategien dieser Art gibt. Soweit man sich nicht konkret darum bemüht, sein Repertoire an Stressbewältigungsstrategien zu erweitern, bleibt die diesbezügliche Konstellation über die Zeit hinweg meist relativ stabil. Zwar gibt es Personen - wie Herbert Freudenberger -, die sich gewissermaßen durch hochengagierten Einsatz für ihren Klienten/Patienten aufarbeiten. Solche Konstellationen sind jedoch keineswegs die Regel. Vielmehr sind Menschen, die sich bereits zu Beginn ihrer beruflichen Laufbahn eher überfordert erlebten, prädisponiert, sich Jahre später als ausgebrannt zu erleben.

Fachliche Unterstützung: Prof. Dr. Dr. Andreas Hillert (Autor) und Prof. Dr. med. Ulrich Voderholzer (Autor), Prien am Chiemsee (DGPPN)