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Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Was sind Persönlichkeitsstörungen?

Die Persönlichkeit eines Menschen ist die Summe alle seiner psychischen Eigenschaften und Verhaltensmuster, die ihm eine individuelle, wesenseigene Identität verleihen. Die Persönlichkeit umfasst das Gefühlsleben ebenso wie die Wahrnehmung, das Denken und die Beziehung zu anderen Personen. Persönlichkeitszüge unterscheiden Menschen voneinander.

Die Persönlichkeit unterliegt über die gesamte Lebensspanne eines Menschen veränderlichen Prozessen. Sie bildet sich in Abhängigkeit von der genetischen Ausstattung sowie den Lern- und Beziehungserfahrungen besonders in der Kindheit und dem Erwachsenwerden und kann sich auch im mittleren und höheren Lebensalter verändern. So wird beispielsweise die Ausprägung des Temperaments, das von Anfang an in einem gewissen Maße Einfluss auf die Persönlichkeit nimmt, in hohem Maße als biologisch (genetisch, pränatal) vorgegeben betrachtet. Beeinflusst durch Reifung und Erfahrung wird das Temperament bereits ab dem Kleinkindalter als recht stabil angesehen. Die Wahrnehmung und Interaktion mit der Umwelt, die bei der Persönlichkeitsentwicklung eine zentrale Rolle spielt, wird vom Erziehungsverhalten, von Lebensereignissen, Umweltbedingungen und auch der sozialen Unterstützung beeinflusst. Positive wie negative Vorbilder können die Persönlichkeitsentwicklung beeinflussen; ebenso wie Gewalterfahrungen, Vernachlässigung oder besondere Fürsorge. Da es sehr viele verschiedene Einflussfaktoren für die Ausbildung der Persönlichkeit gibt, ist es selbstverständlich, dass es einen großen Normalbereich gibt.

Persönlichkeitsstörungen können als extreme Ausprägung eines Persönlichkeitsstils mit unflexiblen, starren und unzweckmäßigen Persönlichkeitszügen betrachtet werden, die dabei die Lebensqualität des Betroffenen beeinträchtigen, zu (subjektivem) Leid oder zu häufigen Konflikten mit seiner Umwelt  führen. Abweichende, unangepasste Erlebensweisen, Erfahrungs- und Verhaltensmuster schränken dabei den Betroffenen in seiner Zufriedenheit und im Erreichen seiner persönlichen Ziele ein oder führen zu häufigen Problemen mit anderen Menschen oder der Gesellschaft. Unter „unangepasst“ versteht man in diesem Zusammenhang, dass das Verhalten oder Empfinden merklich von den Erwartungen der Gesellschaft, dem soziokulturellen Umfeld, abweicht und Probleme im zwischenmenschlichen Bereich zufolge hat.

Eine Persönlichkeitsstörung liegt vor wenn diese problematischen Persönlichkeitszüge stabil und langdauernd vorliegen und bis ins Jugend- oder frühe Erwachsenenalter zurückverfolgt werden können. Sie ist keine Folge einer anderen psychischen Störung, der Wirkung einer Substanz (z.B. Drogen, Medikamente, Gifte) oder einer anderen Erkrankung, beispielsweise einer Kopfverletzung, sondern entsteht unabhängig davon.

Etwa 8% leiden in Deutschland unter einer Persönlichkeitsstörung. Bei psychiatrischen Patienten ist die Häufigkeit mit 40 bis 60% deutlich höher. Die verschiedenen Subtypen von Persönlichkeitsstörungen, die im Folgenden genauer beschrieben werden, kommen dabei mit sehr unterschiedlicher Häufigkeit vor. Persönlichkeitsstörungen treten bei Frauen und Männern gleichermaßen auf. Nur die antisoziale Persönlichkeitsstörung zeigt eine Häufung unter Männern, ansonsten ist die Verteilung zwischen den Geschlechtern, bezogen auf die Allgemeinbevölkerung, ausgewogen.

Fachliche Unterstützung: Prof. Dr. med. Sabine C. Herpertz, Heidelberg (DGPPN)