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Magersucht: Diagnostik

Die Diagnose einer Anorexia nervosa erfordert eine umfassende diagnostische Abklärung durch einen Facharzt. Die Aufnahme der Krankengeschichte (Anamnese), ein ausführliches Gespräch mit dem Betroffenen sowie gemeinsame Gesprächen mit Eltern und Kind sowie den Eltern alleine bilden mit Blick auf die individuellen Merkmale des Kindes oder Jugendlichen die Grundlage für den Befund.

Verschiedene physische und psychische Kriterien können auf eine Magersucht hindeuten. Kriterien für die Diagnose einer Magersucht sind insbesondere die Angst vor dem Dicksein, sowie eine Körperschemastörungen, also eine Fehlwahrnehmung des eigenen Körpers, welche das inadäquate Verhalten der Magersüchtigen zufolge hat: Dabei besteht die Angst, zu dick zu werden als tief verwurzelte überwertige Idee. Für sich selbst legen Betroffene eine sehr niedrige Gewichtsschwelle fest.

Ein weiteres diagnostisches Kriterium ist, dass der Gewichtsverlust bei Magersucht immer selbst herbeigeführt wird, durch kalorienreduzierte Ernährung und/oder Erbrechen, Abführen, übertriebene körperliche Aktivität oder den Gebrauch von Appetitzüglern oder entwässernden Medikamenten (Diuretika).

Als Leitsymptom der Anorexia nervosa gilt bei Kindern und Jugendlichen ein Body-Mass-Index (BMI) unter der 10. Perzentilen. Der Body-Mass-Index, wird zur Beurteilung des Ernährungszustandes herangezogen und errechnet sich nach folgender Formel: BMI = Gewicht [kg] / Größe [m]². Von der WHO werden für den BMI bei Erwachsenen feste Grenzwerte definiert, die zur Einteilung in "untergewichtig", "normalgewichtig", "übergewichtig", "prä-adipös" und "adipös" herangezogen werden. Bei Kindern und Jugendlichen werden anstelle dieser WHO-Kriterien alters- und geschlechtsabhängige BMI-Perzentile zur Definition von Grenzwerten verwendet werden. Das Körpergewicht eines Kindes in Perzentilen anzugeben, bedeutet, dass diese Werte in Bezug zu den Werten der Altersgenossen gesetzt werden. Eine Berechnung des BMI ist auf der Website mybmi.de möglich.

Labormedizinisch sind bei Magersüchtigen manchmal oder in einigen Fällen Blutbildveränderungen, ein Zinkmangel und fehlende Eiweißsubstanzen nachweisbar. Verschiedene Stoffwechselstörungen liegen ebenfalls vor und bei Mädchen bleibt die Regelblutung aus (Amenorrhö). Tritt die Erkrankung vor der Pubertät ein, ist die körperliche Reifung inklusive des Wachstums gestört.

Organische Ursachen einer Appetitlosigkeit bzw. einer Gewichtsabnahme wie Tumorerkrankungen oder Stoffwechselstörungen müssen sorgfältig ausgeschlossen werden. Junge Mädchen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) erkranken öfter als ihre Altersgenossinnen an Magersucht. Dies gilt auch für Diabetes-Patienten – hier wird das Einsparen oder Weglassen von Insulin als gewichtsreduzierende Maßnahme eingesetzt.

Ausgeschlossen werden muss darüber hinaus, dass das gestörte Essverhalten als Symptom einer anderen psychischen Erkrankung auftritt (z.B. Anpassungsstörung, Borderline-Störung, Angst- oder Zwangsstörung, Depression, psychotische Störungen).