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Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Ursachen & Risikofaktoren für Angststörungen bei Kindern und Jugendlichen

Über die Entstehung von Angststörungen gibt es verschiedene Theorien und Erklärungsansätze. Aus evolutionstheoretischer Perspektive betrachtet haben Ängste einen natürlichen Hintergrund. In früheren Zeiten spielten Ängste vor der Dunkelheit, Raubtieren, Fremden oder auch dem Verlassenwerden für Kinder eine größere Rolle, und konnten deren Überlebenschancen erhöhen. Daher dürften sich die Ängste im Laufe der menschlichen Evolution erhalten haben.
Auch die körperlichen Ausprägungen von Angst (erhöhte Herzfrequenz und Atmung, verstärkte Durchblutung) sind natürliche Vorgänge, die den Organismus in einer realen Gefahrensituation für Kampf oder Flucht wappnen sollen.

Bei krankhafter Angst ist die Auslösung dieser Aktivierungs-Reaktion allerdings grundlos oder unangemessen. Ob sich bei einem Kind oder Jugendlichen Angst jedoch in übersteigerter Form äußert, bestimmt ein Zusammenspiel biologischer und psychologischer Faktoren der persönlichen Lebensgeschichte.

Biologische Faktoren

Genetische Faktoren scheinen für die Entstehung von Angststörungen bedeutsam zu sein. Als belegt gilt eine familiäre Häufung von Angststörungen, wobei weibliche gegenüber männlichen Angehörigen ein doppelt erhöhtes Risiko für die Entstehung einer Angststörung haben. Auch die Zwillingsforschung lässt vermuten, dass genetische Einflüsse für die Entstehung von Angststörungen bedeutsam sind. Studien, die eine Unterscheidung genetischer und umweltbedingter Faktoren auf die Entstehung von psychischen Störungen ermöglichen, deuten auf einem gemeinsamen genetischen Faktor für die Agoraphobie, die soziale Phobie und die spezifische Phobie hin.
Auch das grundlegende Temperament eines Menschen, welches die spezifischen Reaktionen gegenüber Situationen beeinflusst, wird vor allem durch die Gene bestimmt. Befunde deuten darauf hin, dass die Temperamentseigenschaft „Verhaltenshemmung“, als Risikofaktor für ein breites Spektrum psychischer Störungen - wie auch Angststörungen - gilt.

Psychologische Faktoren

Auch das Erziehungsverhalten der Eltern kann bei der Entwicklung einer Angststörung eine Rolle spielen. Untersuchungen deuten darauf hin, dass der Erziehungsstil das Risiko für die Entwicklung einer Angststörung erhöht, wenn sich dieser in hohem Maße überbehütet und kontrollierend sowie mit wenig emotionaler Nähe und Feinfühligkeit gegenüber dem Kind darstellt.

Fachliche Unterstützung: Prof. Dr. med. Bernhard Blanz, Jena (DGKJP)