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Das Informationsportal zur psychischen Gesundheit und Nervenerkrankungen

Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Ursachen für ein erhöhtes psychisches Erkrankungsrisiko bei Kindern

Die Eltern können zum einen ihren Kindern eine genetische Vulnerabilität, d. h. ein erhöhtes Erkrankungsrisiko vererbt haben, zum anderen spielt das Verhalten der Eltern eine Rolle, bei einer möglichen Erkrankung des Kindes. Den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen nach Sicherheit, Geborgenheit, Liebe und Zuwendung stehen die Bedürfnisse der erkrankten Eltern entgegen. Besonders einflussreich auf das Erkrankungsrisiko der Kinder und Jugendlichen sind: Bipolare Erkrankungen, Psychosen (Schizophrenie), Alkoholabhängigkeit, Drogenmissbrauch oder Depressionen:

  • In akuten Krankheitsphasen kann die Wahrnehmung der Eltern für die Außenwelt, und damit auch für ihre Kinder stark eingeschränkt oder gar nicht möglich sein. Auch kann die Auseinandersetzung mit der Erkrankung und ihren Symptomen von dem erkrankten Elternteil einen erheblichen Krafteinsatz verlangen, so dass für die Kinder nur noch wenig oder keine Energie mehr übrig bleibt. Beides kann die Wahrnehmung der Sorge- und Erziehungsverantwortung für die Kinder stark einschränken. Die Belange und Bedürfnisse der Kinder, deren Erfüllung  für eine gesunde psychische Entwicklung (gerade in den ersten Lebensjahren) notwendig ist, treten in den Hintergrund.
     
  • Auch die Beziehung beider Elternteile zueinander ist durch die psychische Erkrankung häufig belastet. Dies kann sich ebenfalls negativ auf die Erziehung und Entwicklung auswirken und damit dem Kind indirekt schaden. Zudem kann eine widersprüchliche, schlecht einschätzbare familiäre Umgebung für die Kinder und Jugendlichen eine erhebliche Belastungssituation darstellen und die Entwicklung einer psychischen Erkrankung fördern.
     
  • Für die Kinder und Jugendlichen entstehen oft Zusatzbelastungen, weil sie zusätzliche Aufgaben in der Familie übernehmen müssen, die von den Eltern nicht geleistet werden können. Dies kann zu einer Überforderung der Kinder führen.
     
  • Eine Überforderungssituation kann insbesondere auch durch eine Verantwortungsverschiebung (Parentifizierung) entstehen, wenn die Kinder oder Jugendlichen sich für ihre Eltern und ihre Familie verantwortlich fühlen und sogar elternhafte Funktionen übernehmen. Häufig entsteht eine überfordernde Situation, wenn sich die Kinder oder Jugendlichen um jüngere Geschwister kümmern müssen oder versuchen (müssen), den erkrankten Elternteil psychisch zu stabilisieren.
     
  • Eine psychische Erkrankung ist auch heutzutage leider noch ein Stigma. Es kann daher vorkommen, dass die Kinder und Jugendlichen von ihrer sozialen Umwelt (Nachbarn, Schulkameraden etc.) abgewertet werden.  Abwertungserlebnisse können der Entwicklung eines gesunden Selbstbewusstseins der Kinder und Jugendlichen erheblich schaden.
     
  • Auch Loyalitätskonflikte sind besonders problematisch für die betroffenen Kinder und Jugendlichen. Diese können innerhalb der Familie auftreten, wenn die Kinder in die Konflikte der Eltern einbezogen werden, und sie den Eindruck bekommen, sich für einen Elternteil entscheiden zu müssen. Nach außen entstehen sie häufig dann, wenn die Kinder und Jugendlichen sich vor dem Bekanntenkreis, Lehrern oder Mitschülern für ihre kranken Eltern schämen und ambivalent bezüglich der Loyalität und Distanzierung zu den Eltern sind.

Fachliche Unterstützung: DGKJP