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Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Soziale und körperliche Betätigung senken Demenzrisiko

Demenzerkrankungen zählen zu den häufigsten und folgenschwersten psychischen Störungen im Alter. Das Erkrankungsrisiko steigt in der zweiten Lebenshälfte mit dem Alter deutlich an. Obgleich die Alzheimer-Erkrankung als die häufigste Demenzform gilt, haben gerade im höheren und sehr hohen Alter die meisten Kranken oft Mischformen, die neben den für die Alzheimer-Erkrankung typischen Veränderungen auch Gefäßveränderungen (vaskuläre Veränderungen) im Gehirn aufweisen.

Demenzerkrankungen zählen zu den häufigsten und folgenschwersten psychischen Störungen im Alter. Das Erkrankungsrisiko steigt in der zweiten Lebenshälfte mit dem Alter deutlich an. Obgleich die Alzheimer-Erkrankung als die häufigste Demenzform gilt, haben gerade im höheren und sehr hohen Alter die meisten Kranken oft Mischformen, die neben den für die Alzheimer-Erkrankung typischen Veränderungen auch Gefäßveränderungen (vaskuläre Veränderungen) im Gehirn aufweisen. In den letzten Jahren hat die Forschung zu Risiko- und Schutzfaktoren von Demenzen, insbesondere auch über sogenannte modifizierbare Faktoren viele Erkenntnisse gebracht. Der Lebensstil hat sich als bedeutsam erwiesen. „Es gibt verschiedene Möglichkeiten für den Einzelnen, dem Abbau der geistigen Leistungsfähigkeit aktiv entgegen zu wirken. So kann unter anderem ein aktiver Lebensstil mit körperlicher Bewegung, sozialer und geistiger Aktivität vor Demenz schützen beziehungsweise deren Auftreten hinauszögern. Umgekehrt steigert Inaktivität die Wahrscheinlichkeit zu erkranken“, berichtet Prof. Dr. med. Steffi G. Riedel-Heller, MPH von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) mit Sitz in Berlin.

Gesunder Lebensstil hebt ein genetisches Risiko auf – jeder Schritt zählt

Eine ausgewogene Ernährungsweise, beispielsweise in Form einer mediterranen Ernährung wird ebenfalls empfohlen. „Wir wissen, dass gerade Übergewicht und Adipositas im mittleren Lebensalter das Risiko von Demenzerkrankungen im Alter erhöhen. Regelmäßige Bewegung, soziale und geistige Aktivität sowie maßvolle Ernährung gehören zu den präventiven Maßnahmen, die die meisten Menschen gut umsetzen können. Es ist bekannt, dass schon moderate körperliche Aktivität eine Wirkung hat und es gibt Hinweise, dass wirklich jeder Schritt zählt“, rät die Expertin. „In einer großen deutschen Studie konnte sogar gezeigt werden, dass Risiken sich auch aufheben können. Menschen mit dem ApoE4-Allel haben gegenüber Personen ohne dieses Allel ein erhöhtes Demenzrisiko. Die Studie machte deutlich, dass sich diese Risikoerhöhung durch einen entsprechenden Lebensstil mit körperlicher Bewegung quasi «wettmachen» lässt.“ Diese so genannte AgeCoDe-Studie untersuchte u.a. die Identifikation von Risikofaktoren und Vorzeichen einer Demenz, die Vorhersage des Demenzverlaufs und sie analysierte die Inanspruchnahme des Gesundheitswesens durch Patienten mit demenzieller Erkrankung.

Gefäßschäden vermeiden: Mittleres Lebensalter stellt die Weichen

Einen zentralen Stellenwert bei der Prävention von Demenzen hat das Management von metabolischen und vaskulären Risikofaktoren. Menschen mit Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) oder z. B. mit Bluthochdruck (Hypertonie) haben ein besonders großes Risiko, für Veränderung der kleinen Blutgefäße im Gehirn. Deswegen sollten diese Erkrankungen unbedingt behandelt werden. „Eine gute konsequente Kontrolle des Blutdrucks bei Patienten mit Hypertonie sowie die Kontrolle des Blutzuckers bei Menschen mit Diabetes mellitus können das Demenzrisiko deutlich senken“, betont Prof. Riedel-Heller. „Die AgeCoDe-Studie zeigte sogar, dass das erhöhte Risiko für zuckerkranke Menschen, an einer Demenz zu erkranken, bei guter Einstellung und Behandlung der Zuckerkrankheit wieder auf das normale Risiko der Menschen in der entsprechenden Altersgruppe zurückgeht.“

Grundsätzlich soll auf das Rauchen verzichtet werden. Gleichzeitig verringert man durch diese Maßnahme das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, der ebenfalls die Wahrscheinlichkeit, an einer Demenz zu erkranken, erhöht. Auch riskanter Alkoholkonsum gilt als problematisch. Während man früher Demenzen als Erkrankung des hohen Alters angesehen hat, erfolgt jetzt eine Fokussierung auf Vorstadien, die weit in das mittlere Lebensalter hineinreichen. Sowohl bei der Evaluierung von Risikofaktoren als auch beim Blick auf die Erkrankung wird eine erweiterte Sicht auf die Lebensspanne eingenommen. Im mittleren Lebensalter wird der Grundstein für ein gesundes Altern gelegt.

Bis zu 1,6 Mio. Menschen sind in Deutschland an Demenz erkrankt. Die Kosten aus gesamtgesellschaftlicher Perspektive beziffern sich für leichte Demenzerkrankungen auf 15.000 Euro, für mittelschwere Demenzen auf 32.000 Euro und für schwere demenzielle Erkrankungen sogar auf 42.000 Euro (AgeCoDe-Studie). Demenzerkrankungen sind mit viel Leid für die Betroffenen und ihre Angehörigen verbunden. Neben den Beeinträchtigungen der kognitiven Fähigkeiten, wie z. B. dem Gedächtnis, dem Wiedererkennen, der Sprache, des Lernens und des Planens treten oft Veränderungen der Persönlichkeit und der Gemütslage auf. Die Prävention von Demenzerkrankungen ist ein lohnendes Ziel für den Einzelnen und die Solidargemeinschaft. Die Ergebnisse sprechen dafür, die Chancen der Prävention zu nutzen und ihr den entsprechenden Stellenwert in Forschung und Praxis zuzuweisen.

Von Angststörung über Demenzen bis Zwangserkrankung: Im kommenden November findet in Berlin Europas größte Fachtagung auf dem Gebiet der psychischen Gesundheit statt. Über 650 Einzelveranstaltungen stehen auf dem Programm des DGPPN Kongresses 2015: www.dgppn.de/kongress

Mehr Informationen zu Demenzerkrankungen unter:

www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/psychiatrie-psychosomatik-psychotherapie/stoerungen-erkrankungen/demenz/was-ist-demenz/



Quellen:

Riedel-Heller, Steffi G. (2014): Sinkende Neuerkrankungsraten für Demenzen? - Implikationen für eine public-health-orientierte Prävention. In: Psychiatr Prax 41(8), S. 407–409.

Ramirez A, Wolfsgruber S, Lange C, Kaduszkiewicz H, Weyerer S, Werle J, Pentzek M, Fuchs A, Riedel-Heller SG, Luck T, Mösch E, Bickel H, Wiese B, Prokein J, König HH, Brettschneider C, Breteler MM, Maier W, Jessen F, Scherer M; AgeCoDe Study Group. Elevated HbA1c is associated with increased risk of incident dementia in primary care patients. J Alzheimers Dis. 2015;44(4):1203-12.

Luck T, Riedel-Heller SG, Luppa M, Wiese B, Köhler M, Jessen F, Bickel H, Weyerer S, Pentzek M, König HH, Prokein J, Ernst A, Wagner M, Mösch E, Werle J, Fuchs A, Brettschneider C, Scherer M, Maier W. Apolipoprotein E epsilon 4 genotype and a physically active lifestyle in late life: analysis of gene-environment interaction for the risk of dementia and Alzheimer's disease dementia. Psychol Med. 2014 Apr;44(6):1319-29.