Neurologen und Psychiater im Netz

Das Informationsportal zur psychischen Gesundheit und Nervenerkrankungen

Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Depressionen erhöhen das Risiko für Diabetes

Menschen, die unter einer Depression leiden, haben ein um 60 Prozent erhöhtes Risiko für eine Diabetes-Erkrankung. Umkehrt erhöht Diabetes auch das Depressionsrisiko.

Epidemiologische Untersuchungen zeigen, dass Depressionen ein unabhängiger Risikofaktor sind, im Laufe der nächsten Jahre neu an Diabetes zu erkranken. „Menschen, die unter einer Depression leiden, haben ein um 60 Prozent erhöhtes Risiko für eine Diabetes-Erkrankung“, erläutert Prof. Ulrich Schweiger von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) in Berlin. „Zudem werden häufig ein schlechterer Verlauf des Diabetes und mehr Symptome wie Übergewicht, Bluthochdruck und Nervenschäden beobachtet.“ Ursache dafür könnte eine Störung des Stoffwechsels durch depressive Störungen sein. Studien zufolge erreichen Patienten mit einer Depression nach einer Testmahlzeit deutlich höhere Insulinkonzentrationen als gesunde Kontrollpersonen. Auch überwiegen bei den Betroffenen die Fett aufbauenden Hormone Cortisol und Insulin gegenüber den Fett abbauenden Hormonen Testosteron und Wachstumshormon. Die Symptome der Depression tragen zusätzlich zu der erhöhten Gefährdung bei. „Hoffnungslosigkeit, Antriebsarmut und Interessenverlust führen zu einer Vernachlässigung des Körpers, zu schlechter Ernährung, Bewegungsmangel und unkontrolliertem Alkohol und Zigarettenkonsum“, betont Schweiger. „Diese Missachtung der eigenen Gesundheit kann mit der Zeit zur Entwicklung eines Diabetes beitragen. Eine Depressionsbehandlung sollte deshalb an Maßnahmen gekoppelt werden, die das Diabetesrisiko abschwächen. Dazu gehören in erster Linie eine ausgewogenen Ernährung und regelmäßige sportliche Betätigung.“ Depressionen und Diabetes treten häufig gemeinsam auf und verstärken sich gegenseitig. So sind umgekehrt auch Menschen mit Diabetes besonders gefährdet, an einer Depression zu erkranken. Ihr Erkrankungsrisiko für eine schwere Depression ist etwa 20 Prozent höher im Vergleich zu Nicht-Diabetikern. Psychische Beeinträchtigungen, die unterhalb der Schwelle zur Depression liegen, treten noch weitaus häufiger auf. „Die Diagnose eines Diabetes ist ein Einschnitt im Leben der Patienten, der ihnen viel abverlangt“, erklärt Schweiger, der an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein in Lübeck als stellvertretender Leiter tätig ist. „Diabetiker müssen sich ständig kontrollieren, sehr gewissenhaft planen, was und wie viel sie essen und auf das richtige Maß an Bewegung achten. Die Krankheit beherrscht den Alltag und das ein Leben lang, da sie nicht heilbar ist. Ein Teil der Diabetes-Patienten zerbricht daran und es beginnt der Weg in die Depression.“ Das Zusammenspiel von Depression und Diabetes ist potentiell lebensbedrohlich. „Die Patienten haben eine geringere Lebenserwartung, zudem nimmt ihr Suizidrisiko zu“, warnt Schweiger. „Wichtig ist deshalb, bei Patientenschulungen für Diabetiker nicht nur den Umgang mit der Stoffwechselstörung zu vermitteln sondern auch die möglichen psychischen Belastungen durch die Krankheit anzusprechen.“ Ein frühzeitiges Erkennen und Behandeln der Depression bessert nicht nur die psychische Symptomatik sondern hilft auch, den Diabetes wieder in den Griff zu bekommen. Allerdings ist das Erkennen einer Depression bei Diabetiker gar nicht so einfach. „Anzeichen wie Müdigkeit, Erschöpfung und auch sexuelle Problemen können durch die Stoffwechselerkrankung selbst verursacht sein“, so der Psychiater und Psychotherapeut. „Deshalb ist es wichtig, auf andere typische Symptome wie tiefe Niedergeschlagenheit, Mut- und Hoffnungslosigkeit, Selbstwertzweifel sowie verminderte Antriebs- und Entscheidungsfähigkeit zu achten. Auch wenn die Betroffenen Interesse und Freude an Dingen oder Aktivitäten verlieren, die ihnen bislang viel bedeutet haben, könnte dies auf eine Depression hindeuten.“ Angehörige und Freunde, die solche Veränderungen bei den Patienten bemerken, sollten sie offen darauf ansprechen und vorschlagen, mit einem Arzt über die seelischen Probleme zu sprechen. Depressionen lassen sich bei Diabetikern ähnlich gut behandeln wie bei Menschen ohne Diabetes, durch medikamentöse Therapie, Verhaltenstherapie oder eine Kombination von beidem. „In einer Verhaltenstherapie können die Patienten lernen, ihre Erkrankung besser zu akzeptieren“, sagt Schweiger. „Auch das Selbstmanagement der Diabetes-Therapie mit regelmäßigen Blutzuckerzuckerkontrollen, Ernährungsumstellung und körperlicher Aktivität kann dadurch verbessert werden. Dies dient einer guten Blutzuckereinstellung und erhöht zugleich das Selbstwertgefühl.“ Von den mehr als 7 Millionen Diabetikern in Deutschland leidet etwa jeder Vierte – das sind knapp 2 Millionen – an depressiven Störungen. Die Pressemeldung der DGPPN ist mit Quellenangabe zur Veröffentlichung freigegeben.Bitte weisen Sie bei Verwendung im Printbereich auf das Informationsportal der DGPPN, www.psychiater-im-netz.de, hin. Bei Online-Veröffentlichung erbitten wir eine Verlinkung auf die Website.