Neurologen und Psychiater im Netz

Das Informationsportal zur psychischen Gesundheit und Nervenerkrankungen

Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Therapiebedürftigkeit psychischer Erkrankung: Ausmaß und Ausprägung subjektiven Leidens sowie Fähigkeit zur Alltagbewältigung sind wegweisend

Ob eine psychische Störung von Krankheitswert vorliegt, muss immer gemeinsam mit einem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie geklärt werden. Die Diagnostik psychischer Störungen besteht neben der Diagnosefindung auch darin, medizinisch relevantes Leiden von Zuständen abzugrenzen, die als alters- oder situationsbedingt normal betrachtet werden müssen.

Ob eine psychische Störung von Krankheitswert vorliegt, muss immer gemeinsam mit einem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie geklärt werden. „Es ist sehr wichtig, zwischen Leidens- und Lebenskrisen, mit denen man umgehen kann und solchen, die das natürliche Anpassungs- und Bewältigungsvermögen übersteigen, mit denen man also nicht mehr selbst zurechtkommt, zu unterscheiden. Die Diagnostik psychischer Störungen besteht neben der Diagnosefindung auch darin, medizinisch relevantes Leiden von Zuständen abzugrenzen, die als alters- oder situationsbedingt normal betrachtet werden müssen“, sagt Prof. Dr. med. Wolfgang Maier, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN), die ihren Sitz in Berlin hat. „Krankheitswertiges subjektives Leiden liegt dann vor, wenn die Probleme oder Beschwerden schon über einen längeren Zeitraum bestehen, und natürliche Anpassungsprozesse nicht adäquat erfolgt sind.“ Typische Eigenschaften psychischer Störungen sind, dass sie willentlich äußerst eingeschränkt zu steuern sind und dass sie länger andauern. Wichtig wird die therapeutische Hilfe vor allem dann, wenn man selbst innerhalb eines sozialen Netzes nicht mehr in der Lage ist, psychische Probleme zu bewältigen und dabei den Alltag aufrechtzuerhalten.

Psychische Erkrankungen betreffen das Gefühlsleben und die Beziehungsfähigkeit (Emotionen), das Denken, das Gedächtnis und die Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit (Kognition). „Beeinträchtigungen im emotionalen Bereich können sich beispielsweise darin zeigen, dass Gefühle wie Freude, Interesse oder Liebe nicht mehr angemessen empfunden werden können, wie es etwa bei Depressionen der Fall ist“, erklärt Prof. Maier, der auch Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Bonn ist. „Kognitive Beeinträchtigungen gehen mit Einschränkungen der Merkfähigkeit, der Konzentration oder der Aufmerksamkeit einher. Solche Beschwerden treten im Rahmen vieler psychischer Störungen auf - unter anderem auch bei Depressionen , Psychosen und Demenzerkrankungen . Sie können die persönliche Lebensgestaltung sehr einschränken, denn die Aufnahme von Informationen und der soziale Austausch sind Grundvoraussetzungen für viele Lebensbereiche - wie den Beruf, das soziale Miteinander, aber auch, um eine Partnerschaft eingehen zu können.“ Jede einzelne psychische Störung unterscheidet sich in Ausgestaltung, subjektivem Erleben, Lebenshintergrund, Schweregrad und Ausprägung von Individuum zu Individuum und macht daher eine sorgsame Abklärung erforderlich.

Diagnostik psychischer Erkrankungen ist rein beschreibend und fragt nicht nach den UrsachenDie allermeisten psychischen Krankheiten können erfolgreich behandelt werden. Dabei ist eine richtige Diagnostik entscheidend für die Wahl der besten Therapie. Da für psychische Erkrankungen bei jedem Betroffenen individuelle Ursachen und Ausprägungen beobachtbar sind, wird bei der Diagnosefindung über verschiedene Ansätze versucht, die Krankheit und damit die Therapiemöglichkeiten genau einzugrenzen. „Die Diagnostik setzt sich aus dem Untersuchungsgespräch, der körperlichen Untersuchung und aus verschiedenen zusätzlichen Maßnahmen wie beispielsweise bildgebenden Verfahren zusammen. Erst im Zusammenspiel mehrerer Aspekte kann eine fundierte Diagnose gestellt werden“, berichtet der Experte. Krankheitsdiagnosen werden dabei mit Unterstützung von Diagnosesystemen gestellt - zunächst ohne dass damit etwas über die Ursachen der Erkrankungen ausgesagt wird. „In Deutschland wird das ICD-10-System verwendet. Es ordnet psychische Krankheiten nach ihren Symptomen, beschreibt also lediglich ihr Erscheinungsbild und macht keine Aussage über die Ursache einer Erkrankung“, erklärt Prof. Maier. „Die Klassifikationssysteme erfassen Symptome so neutral wie möglich nach klaren Regeln, um bei der Diagnose nützlich und für die Therapieplanung hilfreich zu sein.“ Derzeit erfolgt eine Revision der gängigen Klassifikationssysteme, auch des Diagnostischen und Statistischen Handbuchs Psychischer Störungen (DSM), welches von der Amerikanischen Psychiatrischen Gesellschaft bearbeitet wird. (äin-red)

Der Abdruck dieser Pressemeldung oder von Teilen des Artikels ist unter folgender Quellenangabe möglich: www.psychiater-im-netz.de. Bei Veröffentlichung in Online-Medien muss die Quellenangabe auf diese Startseite oder auf eine Unterseite des Patientenportals verlinken. Fotos und Abbildungen dürfen grundsätzlich nicht übernommen werden.