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Schizophrenie: Kontrolluntersuchungen und Therapietermine auch während Corona-Pandemie wichtig

Clozapin ist ein wirksames Medikament, das bei der Behandlung von Schizophrenie eingesetzt wird. Das Arzneimittel beeinflusst mitunter aber das Immunsystem und kann im Fall einer gleichzeitigen viralen Infektion ein erhöhtes Komplikationsrisiko mit sich bringen. Beim Auftreten von typischen Symptomen der Corona-Infektion kann es notwendig sein, in Absprache mit dem behandelnden Arzt die Dosierung von Clozapin zeitweise zu verringern.

Schizophrenie ist eine psychische Erkrankung, die das Denken und die Wahrnehmung betrifft; Betroffene können sich selbst und ihre Umwelt dabei als verändert wahrnehmen. Im Rahmen einer schizophrenen Psychose können bei Patienten episodisch Störungen der Sprache, der Gefühlswelt, des Verhaltens und der Selbstwahrnehmung auftreten. Antipsychotische Medikamente können in der Behandlung sehr hilfreich sein, können aber unerwünschte Wirkungen mit sich bringen. Clozapin ist ein wirksames Medikament, das bei der Behandlung eingesetzt wird – vor allem, wenn andere antipsychotische Medikamente nicht geholfen haben. Das Arzneimittel beeinflusst mitunter aber das Immunsystem und kann im Fall einer gleichzeitigen viralen Infektion (z. B. Influenza) ein erhöhtes Komplikationsrisiko mit sich bringen. Auch im Fall einer Sars-Cov-2-Infektion können schwere Erkrankungsverläufe im Zusammenhang mit der Einnahme von Clozapin nicht ausgeschlossen werden. „Es ist ratsam, dass Patienten, die wegen einer Schizophrenie medikamentös mit Clozapin behandelt werden, sich bei Verdacht auf eine Corona-Infektion bei ihrem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie melden, um gegebenenfalls die Dosierung der Medikamente anzupassen“, rät Prof. Dr. med. Dr. phil. Andreas Heinz, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) in Berlin. „Beim Auftreten von typischen Symptomen der Corona-Infektion kann es notwendig sein, die Dosierung von Clozapin zeitweise zu verringern und sie nach Abklingen der Infektion wieder auf die ursprüngliche Dosis zu steigern.“ Therapieumstellungen sollten aber immer zusammen mit dem behandelnden Arzt entschieden werden und nicht selbsttätig vorgenommen werden.

Begleitende Checkups der körperlichen Gesundheit grundsätzlich sehr wichtig

Menschen, die an Schizophrenie erkrankt sind, haben gegenüber gesunden Menschen ein erhöhtes Risiko für metabolische und kardiovaskuläre Erkrankungen, für Krebserkrankungen, für Lungenerkrankungen, sowie für andere körperliche Begleiterkrankungen. Dies kann an der Erkrankung selbst liegen oder an begleitenden Faktoren wie Armut, dem Lebensstil und ungenügender medizinischer Betreuung, die mit der psychischen Erkrankung in Verbindung stehen. Auch die medikamentöse Therapie kann sich negativ auf Stoffwechselprozesse auswirken, weswegen Betroffene u.a. zur Gewichtszunahme, erhöhten Blutfettwerte und einem größeren Diabetesrisiko neigen. „Ein ganz wichtiger Aspekt der Gesamtbehandlung von Menschen mit Schizophrenie ist eine regelmäßige Überwachung der körperlichen Gesundheit“, betont Prof. Heinz. „Erforderliche Kontrolluntersuchungen sollten unbedingt kontinuierlich wahrgenommen werden, um mögliche metabolische Risiken im Blick zu behalten.“ Auch in Zeiten von Corona sollte die regelmäßige Überwachung der Therapie nicht vernachlässigt werden. Gerade während der Pandemie sind die Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen besonders gefährdet, weil sie überdurchschnittlich stark von Kontaktbeschränkungen oder eingeschränkten Behandlungs- und Hilfsangeboten betroffen sind. Auch Angehörige und andere Vertrauenspersonen können Betroffene dabei unterstützen, die erforderlichen Kontrolluntersuchungen wahrzunehmen, damit keinesfalls Behandlungs- oder Therapietermine versäumt werden. Der Abbruch einer Behandlung könnte eine Verschlechterung der Erkrankung nach sich ziehen.

Therapeutische Entscheidungen werden gemeinsam getroffen

In der Regel wird eine Schizophrenie mit Medikamenten und Psychotherapie behandelt. Zu Beginn einer pharmakologischen Therapie steht die Aufklärung der Patienten über die akuten und langfristigen Wirkungen sowie Nebenwirkungen. „Wir versuchen Patienten bestmöglich in den therapeutischen Entscheidungsprozess mit einzubeziehen, damit sie an Hand der Information ihres Behandlers über ihre weitere Therapie entscheiden können“, erklärt Prof. Heinz. „Dabei unterstützen wir die Erkrankten, sich aktiv in die Planung miteinzubringen, denn es ist wichtig, dass sie ihre persönlichen Vorstellungen äußern und so die Entscheidungsfindung steuern.“ Der Ansatz, Patienten darin zu unterstützen, gemeinsam mit dem Behandler möglichst selbstbestimmt über ihre weiteren Therapien zu entscheiden, wird als «partizipative Entscheidungsfindung» bezeichnet. Das Behandlungsziel bei einer schizophrenen Psychose ist eine von Krankheitssymptomen weitgehend freie, selbstbestimmte Lebensführung, in Kenntnis von Nutzen und Risiken der therapeutischen Maßnahmen durch die Patienten.

Rund einer von hundert Deutschen erlebt mindestens einmal in seinem Leben eine schizophrene Episode. In Langzeitstudien zeigte sich, dass ein relevanter Anteil (ca. 20%) ersterkrankter Psychose-Patienten auch ohne langfristige antipsychotische Medikation keine weitere Krankheitsepisode erleidet. Bei etwa zwei Dritteln der Betroffenen kommt es zu einem episodischen Verlauf, bei dem Symptome zeitweise auftreten und immer wieder abklingen. Bei weiteren fünf bis zehn Prozent der Betroffenen verläuft die Schizophrenie chronisch und die Beschwerden klingen nie ganz ab.

Weitere Informationen:

S3-Leitlinie Schizophrenie: www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/038-009.html

 

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