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Kaufsucht: Auslöser für Kaufattacken identifizieren

Das Spektrum dieses pathologischen Verhaltens ist breit gefächert: Es kann sich in Form von täglichen oder episodischen Kaufattacken zeigen, vom Kaufen spezieller Waren oder gleichen Artikeln in großer Anzahl, in Form vom Selbstgeschenken oder aber Geschenken für nahestehende Personen. Manche Erkrankte betreiben das Kaufen eher anonym und zu jeder Tages- und Nachtzeit im Internet. Andere genießen ihre Kaufattacken in speziellen, oft exklusiven Geschäften mit stimulierendem Flair.

Krankhafte Kaufsucht veranlasst Menschen dazu, Konsumgüter zu erwerben, obwohl weder Erfordernis noch Bedarf dazu bestehen. Die Betroffenen verspüren dabei einen unwiderstehlichen Drang, verbunden mit einem ausgeprägten Belohnungsgefühl beim Kauf. Bei krankhaftem Verhalten kommt es wiederholt zum Kontrollverlust und zur Fortführung der Kaufexzesse trotz weitreichender negativer Folgen. „Krankhaftes Kaufverhalten entsteht oft impulsiv aus Stresssituationen heraus oder aus unangenehmen Anspannungszuständen oder Gefühlslagen,“ erläutert Dr. Sabine Köhler, Vorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Nervenärzte (BVDN) mit Sitz in Krefeld. „Betroffene verspüren typischerweise eine zunehmende Anspannung und Erregung vor dem Kauf und eine Art Erleichterung oder Euphorie während der Handlung. Ihnen geht es weniger um den Besitz oder den Konsum der gekauften Waren, als vielmehr um das positive Gefühl beim Einkaufen.“ Das Spektrum dieses pathologischen Verhaltens ist breit gefächert: Es kann sich in Form von täglichen oder episodischen Kaufattacken zeigen, vom Kaufen spezieller Waren oder gleichen Artikeln in großer Anzahl, in Form vom Selbstgeschenken oder aber Geschenken für nahestehende Personen. Manche Erkrankte betreiben das Kaufen eher anonym und zu jeder Tages- und Nachtzeit im Internet. Andere genießen ihre Kaufattacken in speziellen, oft exklusiven Geschäften mit stimulierendem Flair.

Scham- und Schuldgefühle nach dem Erwerb

Weil Menschen mit krankhafter Kaufsucht ihr Verhalten nicht kontrollieren können, sind Probleme und Konflikte mit dem Umfeld und der Familie bis hin zur extremen Verschuldung häufig. Aber auch die Betroffenen selbst leiden unter ihrem Verhalten, weil sie danach meist negative Gefühle verspüren. „In der Regel stellen sich kurz nach den Kaufexzessen Schuld- und Schamgefühle ein bei den Betroffenen ein. Diese negativen Gefühlslagen werden dann häufig durch eine weitere impulsive Kaufhandlung behoben. Langfristig überwiegt und stabilisiert sich jedoch eine negative Verstimmung bis hin zur Verzweiflung, das eigene Handeln nicht mehr kontrollieren zu können und in finanzielle Schieflage zu geraten“, erklärt Dr. Köhler. Ein Teil der Betroffenen versteckt oder verschenkt die Einkäufe im Nachhinein, um das Verhalten damit ein Stück weit zu vergessen oder zumindest zu verdrängen. Eine verzerrte Wahrnehmung in Bezug auf das eigene Verhalten ist häufig Teil des Störungsbildes. Betroffene erliegen dabei der Illusion, sie hätten ihr impulsives Kaufverhalten und ihr Geldmanagement unter Kontrolle. Im Hintergrund sind oft andere psychische Störungen vorhanden. Krankhaftes Kaufen tritt oft begleitend mit bipolaren Erkrankungen, Angststörungen, Suchterkrankungen sowie Essstörungen oder Persönlichkeitsstörungen vor.

Geldmanagement und Psychotherapie helfen

Menschen, die merken, dass sie ihr Kaufverhalten nicht mehr im Griff haben, sollten sich professionelle Hilfe suchen. Der Großteil der Betroffenen berichtet über sich, niedriges Selbstwertgefühl, eine hohe Konsumorientierung, mangelndes Geldmanagement und eine niedrige Selbstkontrolle zu haben. Hilfsmaßnahmen setzten auch an diesen Punkten an. Betroffene können sich selbst Regeln setzen und beispielsweise nur mit Bargeld bezahlen und Kreditkarten bei Bankinstituten zurückgeben. „Eine Strategie ist auch, die Ware vor dem Gang zur Kasse wieder zurückzulegen und das Geschäft zu verlassen. Denn bei manchen Betroffenen lässt der Drang nach, sobald sie die Kaufatmosphäre hinter sich gelassen haben. Greifen solche Maßnahmen nicht, sind psychotherapeutische Maßnahmen hilfreich“, rät Dr. Köhler. „Verhaltensanalysen können dann helfen, die individuellen Auslöser für Kaufattacken zu erkennen. Auch eine Selbstreflektion in Bezug auf die eigene Konsumorientierung und den Symbolcharakter bestimmter Waren können sind oft hilfreich.“ Eine hohe Änderungsmotivation ist jedoch Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie. Denn die Normalisierung des Kaufverhaltens bedeutet auch, auf kurzfristig wirksame Ablenkungs- und Belohnungsstrategien verzichten zu müssen. Neben therapeutischen Angeboten kann eine zusätzliche Beratung durch Schuldnerberatung und -dienste sowie die Teilnahme an Selbsthilfegruppen sinnvoll sein.

Von Kaufsucht sind zwischen 1 bis 6 Prozent der Bevölkerung betroffen und dabei überwiegend Frauen. Das problematische Verhalten beginnt oft vor dem 20. Lebensjahr und verläuft meist chronisch mit symptomfreien Intervallen, die Monate bis Jahre dauern können.

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