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Corona-Pandemie: Sorge um Andere größer als um eigene Gesundheit

Über emotionale und soziale Folgen der Corona-Pandemie forschen die Professorinnen der EAH Jena, Nicole Harth und Kristin Mitte. Die Psychologinnen veröffentlichen die ersten Ergebnisse einer Studie, an der sich bisher mehr als 2.500 Menschen aus ganz Deutschland beteiligt haben (Zwischenstand vom 5. April 2020).

Die Teilnehmer zwischen 16 und 72 Jahren kommen aus allen Bundesländern. Unter ihnen sind Azubis und Studierende, Rentnerinnen und Rentner, Frauen und Männer in Elternzeit oder im Homeoffice. Aber auch derzeit Tätige in systemrelevanten Berufen haben sich beteiligt, ebenso wie Menschen, die ihre Arbeit durch die aktuelle Krise verloren haben.

Ein Drittel verspürt negative Emotionen

Dass die Pandemie für viele Menschen eine psychische Herausforderung darstellt, zeigt sich bereits in den ersten Ergebnissen der Studie, die Auswirkungen auf verschiedene Lebensbereiche untersucht. So werden Fragen zum Wohlbefinden, zu Sorgen und Nöten, (dys-)funktionalen Verhaltensweisen und zu eventuellen Rollenkonflikten gestellt. Noch überwiegen in den Antworten positive Gefühle, aber bereits ein Drittel aller Befragten berichtet, oft bis sehr oft negative Gefühle zu empfinden.

Professorin Harth erläutert dazu: „Wir untersuchen, wie die Menschen mit dieser besonderen Situation umgehen und welche Faktoren dabei von Bedeutung sind. Wir wollen die unterschiedlichen Belastungen verstehen, um gezielte Angebote zu ermöglichen. Ebenso möchten wir wissen, wie die Compliance der Bevölkerung, also die Bereitschaft zur aktiven Mitwirkung an nötigen Maßnahmen, wie beispielsweise das physical distancing, weiterhin aufrechterhalten werden kann, ohne die psychische Gesundheit der Betroffenen zu gefährden“.

Homeoffice kombiniert mit Kinderbetreuung oder Pflege besonders anstrengend

 

Die Auswertung der Studie zeigt, dass die meisten der Befragten sich mehr Sorgen um andere machen, als um sich selbst. Dagegen wird das Homeoffice in Verbindung mit der Kinderbetreuung als besonders belastend empfunden. Das betrifft vor allem Alleinerziehende. Ähnlich hoch ist die Belastung für Personen, die Angehörige pflegen.

Aufbauend auf den Daten, ihren ersten Befunden und der psychologischen Expertise geben die beiden Wissenschaftlerinnen Empfehlungen, wie Gelingensbedingungen für eine eventuelle weitere Kontaktsperre aussehen können, welche Ressourcen aktiviert werden sollten, aber auch, welche Personen psychisch besonders gefährdet sind.

Doch: „Einsam bedeutet nicht allein“, so die Psychologinnen. Sie empfehlen, die Kontakte zur Familie, Freunden und Bekannten zu halten und zu pflegen: „Greifen Sie zum Telefon oder nutzen Sie Soziale Medien“. Jedoch sollte bei den Sozialen Medien darauf geachtet werden, dass sich die eigenen Sorgen und Ängste nicht verstärken. „Ist das der Fall, gönnen Sie sich bitte eine Auszeit“, raten die Jenaer Professorinnen.

Mehr als 1.000 Antworten erreichten Frau Harth und Frau Mitte noch einmal in der vergangenen Woche. Die Befragung läuft weiter, so dass auch die Möglichkeit besteht, Veränderungen zu beobachten. Bis Ende dieses Monats ist die Teilnahme möglich: www.soscisurvey.de/EmoFolgenCorona/

Quelle: Ernst-Abbe-Hochschule Jena