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Verwirrtheit kann im Alter auf Medikamente zurückgehen

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Funktionelle Einschränkungen des Gehirns können nicht nur durch normale Alterungsprozesse oder Erkrankungen sondern auch durch verschiedene Arzneimittel hervorgerufen werden.

Wenn bei älteren Menschen die Gedächtnisfunktion nachlässt oder sich ihr Denken verlangsamt, muss nicht immer eine Demenz dahinterstecken. Funktionelle Einschränkungen des Gehirns können auch durch verschiedene Arzneimittel hervorgerufen werden. Mögliche Auffälligkeiten einer kognitiven Leistungsminderung sollen immer fachärztlich abgeklärt werden, um Klarheit über die Ursache der Beschwerden zu bekommen. Werden Verwirrtheit oder Gedächtnisstörungen durch Medikamente verursacht, bilden sie sich in der Regel wieder zurück, wenn die Arzneien abgesetzt werden. „Menschen im höheren Lebensalter sind gegenüber Nebenwirkungen im zentralnervösen System besonders empfindlich, weil sich im Alter häufig der Stoffwechsel im Gehirn verändert“, erklärt Prof. Gereon Nelles vom Berufsverband Deutscher Nervenärzte (BVDN) mit Verbandssitz in Krefeld. „Kognitive Einschränkungen durch Arzneimittel können sich in Form von Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, verminderter Aufmerksamkeit bis hin zu Wahrnehmungs- und Bewusstseinsstörungen zeigen. Solche Symptome sollten immer abgeklärt werden und nicht als «normale» Begleiterscheinungen des Alterungsprozesses gewertet werden.“ In vielen Fällen kann auch das Sturzrisiko erhöht sein, was die Wichtigkeit des Erkennens zwischen dem Zusammenhang von kognitiven Störungen und Medikamenten zusätzlich verdeutlicht. Klagen ältere Menschen über Störungen ihrer Gedächtnisleistung oder andere kognitive Einschränkungen, sollten mit dem behandelnden Arzt die eingenommenen Medikamente durchgegangen werden, um mögliche Wirkstoffe zu identifizieren, welche die Kognition einschränken und ein sog. Delir verursachen. Im Idealfall kann auf andere Medikamente ausgewichen werden, die verträglicher sind. Ein Teil von Patienten benötigt allerdings eine Medikation, zu der es keine gleichwertige Alternative gibt. In diesen Fällen müssen nach Aufklärung der Patienten bestimmte Risiken und Nebenwirkungen in Kauf genommen werden.

Auch rezeptfreie Medikamente problematisch

Neben verschreibungspflichtigen Wirkstoffen sind auch verschiedene Arzneimittel kritisch, die ohne Rezept in Apotheken erhältlich sind. „Besonders problematisch sind bestimmte Medikamente, die bei Schlafstörungen eingenommen werden. Insbesondere freiverkäuflich Sedativa mit den Wirkstoffen Diphenhydramin oder Doxylamin können kognitionseinschränkende Effekte haben“, betont der Neurologe. Unter den verschreibungspflichtigen Medikamenten sind unter anderem Benzodiazepine sowie ZNS-gängige Anticholinergika kritisch, letztere werden bei der Therapie bei einer überaktiven Blase eingesetzt.

Demenzerkrankungen führen oft auch zu Persönlichkeitsveränderungen

Als Symptome, die bei einer dementiellen Erkrankung bemerkt werden können, gelten Erinnerungslücken, Wortfindungsstörungen sowie Orientierungslosigkeit. „In vielen Fällen werden insbesondere Schwierigkeiten mit dem Kurzzeitgedächtnis bemerkt, weil dem Gehirn das Merken von neuen Informationen zunehmend schwerer fällt. Dann werden Termine vergessen oder auch nahe zurückliegende Erlebnisse oder Gespräche“, erläutert Prof. Nelles. Auch Probleme bei der Durchführung von gewohnten Abläufen – etwa, dass die Reihenfolge von Handlungsschritten durcheinandergebracht wird, können als Anzeichen bemerkt werden. Häufige Zeichen einer Demenz sind überdies starke Persönlichkeitsveränderungen oft mit gegensätzlichen Verhaltensweisen und einem plötzlichen Stimmungswechsel. „Bei ersten Anzeichen einer verminderten Gedächtnisleistung kann der Hausarzt der erste Ansprechpartner sein. Ergeben sich bei der Untersuchung Auffälligkeiten oder auch Unklarheiten, ist eine fachärztliche Untersuchung durch Neurologen wichtig“, rät der Experte. Eine möglichst frühe Klärung einer Erkrankung hilft, die Veränderungen zu verstehen und einordnen zu können und eine Behandlung einzuleiten, um besser mit einer Demenz leben zu können.

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