Die Biofeedbacktherapie ist ein wirksames Verfahren in der Schmerztherapie bei Kopfschmerzen. Durch die Methode können beginnende Migräne-Attacken verhindert oder ihr Verlauf deutlich abgemildert werden. Sie ist auch bei Spannungskopfschmerzen wirksam und hat anders als Medikamente, die bei Kopfschmerzen oft eingenommen werden, praktisch keine Nebenwirkungen. „Die Biofeedbacktherapie entstammt der Verhaltenstherapie und befähigt Personen dazu, bestimmte körperliche Prozesse wahrzunehmen und diese aktiv willentlich zu steuern. Körperzustände wie Anspannung oder Entspannung von Muskulatur und Blutgefäßen werden dabei über ein Messsystem erfasst und in gut wahrnehmbare akustische oder visuelle Signale umgewandelt. Der Schmerzpatient, der an das System angeschlossen ist, erhält damit eine Rückmeldung über seinen Zustand und kann lernen, diesen aktiv zu verändern“, berichtet Dr. Curt Beil vom Berufsverband Deutscher Neurologen (BDN). „Letztlich lassen sich somit bestimmte Körperfunktionen, die normalerweise ohne die Kontrolle des Bewusstseins ablaufen, selbstwirksam steuern.“ Das Verfahren ist in mehrfacher Hinsicht hilfreich. Zum einen kann der Schmerzentstehung und Schmerzen entgegengewirkt werden. Zum anderen befähigt es Patienten dazu, Prozesse denen sie bislang mehr oder weniger hilflos ausgeliefert waren, selbsteffizient beeinflussen zu können.
Akut und vorbeugend hilfreich
Bei einem Migräneanfall ist eine Erweiterung der Gefäße im Kopf - die so genannte Vasodilatation - für die Schmerzentstehung verantwortlich. Durch eine Biofeedback-gestützte Therapie können Patienten gezielt lernen, dieser Gefäßerweiterung zu begegnen – ähnlich wie es die gängigen Medikamente, so genannte Triptane, auf chemischen Wege tun. „Beherrscht man das Verfahren, ist es möglich, die so genannte Arteria temporalis superficialis willentlich zu verengen, um Schmerzen abzuwehren. Diese Arterie ist bei einem akuten Migräne-Anfall erweitert, was die pulsierend-pochenden Schmerzen zufolge hat“, erklärt Dr. Beil. Um vorbeugend die Häufigkeit von Migräneanfällen zu verringern, können Patienten lernen, entspannende Körperprozesse anzustoßen. Dies ist auch wirksam, um Spannungskopfschmerzen abzubauen, die durch eine erhöhte Muskelspannung verursacht werden.
Langfristige Wirkung
Neuere Empfehlungen zum Umgang und der Behandlung von Kopfschmerzen bewerten die Verfahren der Verhaltenstherapie mittlerweile nicht nur als Ergänzung, sondern auch als Alternative zur medikamentösen Migräneprophylaxe. „Durch die Biofeedbacktherapie sind keine Nebenwirkungen zu erwarten und die positive Effekte des Verfahrens können über Monate anhalten, wenn sie gut beherrscht werden. Dennoch kann es sinnvoll sein, das Erlernte nach einigen Monaten aufzufrischen“, ergänzt der Neurologe. Die Biofeedbacktherapie kommt für alle Patienten in Frage, welche die rückgemeldeten Signale des Messsystems erfassen können. Allein im Fall einer akuten Psychose ist das Verfahren nicht empfohlen. Die Kosten für eine Biofeedbacktherapie werden im Rahmen einer ambulanten Verhaltenstherapie von den Krankenkassen erstattet. Dies ist auch der Fall, wenn das Therapieverfahren Baustein einer stationären multimodalen Schmerztherapie ist. Interessenten sollten in jedem Fall vorab mit ihrer Krankenkasse klären, ob die Kosten übernommen werden.
Migräne ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen. Etwa 12 bis 14 Prozent aller Frauen und 6 bis 8 Prozent aller Männer in Deutschland leiden unter Migräne. Auch Spannungskopfschmerzen sind weit verbreitet. Rund 30 Millionen Deutsche leiden zumindest phasenweise in ihrem Leben darunter - etwa 2 Prozent sind von der chronischen Form betroffen.
Informationen:
Entspannungsverfahren und verhaltenstherapeutische Interventionen zur Behandlung der Migräne - Leitlinie der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft: www.dmkg.de/therapie-empfehlungen/migraene/leitlinie_entspannungsverfahren-und.html
Quelle:
B. Meyer, U. Niederberger, V. Sorgenfrei, Prof. Dr. Peter Kropp, Wie Migränepatienten von Biofeedback profitieren - Kopfschmerz unter (Selbst-)kontrolle, MMW - Fortschritte der Medizin > Ausgabe 2/2017
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