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Erster epileptischer Anfall nicht gleichbedeutend mit Diagnose Epilepsie

Nicht jeder Anfall, der auf den ersten Blick wie eine Epilepsie aussieht, ist auch eine. Nach einem Anfall ist eine Ursachendiagnostik dann ganz wichtig, um das Risiko für weitere Anfälle abzuschätzen, Risikofaktoren zu identifizieren und gegebenenfalls eine Therapie einzuleiten.

Menschen, die einen epileptischen Anfall erleiden, müssen nicht zwangsläufig fürchten, dass sich so ein Ereignis wiederholt. Epileptische Anfälle treten bei etwa 10 Prozent aller Menschen im Laufe des Lebens auf, eine chronische Erkrankung besteht jedoch nur bei einem Prozent der Bevölkerung. Wichtig ist aber eine fachärztliche Abklärung nach dem ersten Anfallsereignis, um die Ursache zu identifizieren und das Wiederholungsrisiko abzuschätzen. „Auch Menschen, die nicht unter Epilepsie leiden, können unter bestimmten Bedingungen einen epileptischen Anfall erleiden. Solche Anfälle können unter anderem im Rahmen von Blutzuckerschwankungen, Alkohol-, Medikamenten- oder Drogenentzug, einem Schlaganfall oder auch komplexen körperlich-psychischen Belastungssituationen auftreten. Auch Schlafmangel kann einen epileptischen Anfall provozieren“, berichtet Prof. Gereon Nelles vom Berufsverband Deutscher Nervenärzte (BVDN) mit Verbandssitz in Krefeld. „Nach einem Anfall ist eine Ursachendiagnostik dann ganz wichtig, um das Risiko für weitere Anfälle abzuschätzen, Risikofaktoren zu identifizieren und gegebenenfalls eine Therapie einzuleiten.“ Bleibt eine Epilepsie unerkannt und unbehandelt, können stärkere Anfälle mit Stürzen und Krämpfen auftreten, die ein erhöhtes Gefährdungspotential haben.

Smartphone-Aufnahme kann bei Diagnostik hilfreich sein

Nicht jeder Anfall, der auf den ersten Blick wie eine Epilepsie aussieht, ist auch eine. So kann beispielsweise auch eine Synkope, also ein kurzzeitiger Sauerstoffmangel im Gehirn, im Zusammenhang mit krampfartigen Bewegungen stehen. Auch bei bestimmten Varianten der Migräne sind neurologische Ausfälle möglich, die mit einem epileptischen Anfall verwechselt werden können. Ebenso ähneln dissoziative Anfälle epileptischen Anfällen und können mit Bewusstseinsstörungen, Trancezustand oder zitternden Bewegungen einhergehen. Solche dissoziativen Anfälle können als unfreiwillige psychische Reaktion auf emotionale Belastung auftreten und entziehen sich der bewussten Kontrolle von Betroffenen. „Eine präzise Anfallsbeobachtung und -beschreibung sind unerlässlich für die Diagnose und auch die Therapie der Epilepsien. Angehörige, Freunde oder Ersthelfer können mit einer möglichst präzisen Anfallsbeschreibung wichtige Anhaltspunkte liefern“, betont Prof. Nelles. „Dabei sind nicht nur der Anfallsbeginn, sondern auch Phänomene im Verlauf des Anfalls hinweisend. Daher können auch Videoaufzeichnungen per Smartphone eine äußerst nützliche Hilfestellung für die diagnostizierenden Ärzte sein.“ Solche Aufnahmen müssen natürlich respektvoll behandelt werden und sollten nur nach Einwilligung der abgebildeten Person an Ärzte weitergegeben werden, damit hier keine Persönlichkeitsrechte verletzt werden.

Grundsätzlich gilt, dass jeder Anfall, der mit Bewusstseinsverlust, Verkrampfungen oder Zuckungen der Extremitäten einhergeht fachärztlich geklärt werden muss. Die Mehrzahl der Anfälle dauern weniger als fünf Minuten. Eine anschließende Schlaf- oder Dämmerphase von 10-20 Minuten ist nicht ungewöhnlich. Insbesondere bei einem Anfallsereignis ist eine umgehende notfallmäßige ärztliche Untersuchung notwendig.

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