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Zu wenig Nachtschlaf erhöht womöglich das Demenzrisiko

Personen, die im Alter ab 50 Jahren regelmäßig eine geringe Schlafdauer von weniger als sechs Stunden aufweisen, haben ein um 30 % erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Demenz.

Schlafstörungen sind ein charakteristisches Merkmal vieler Krankheiten, insbesondere auch von neurodegenerativen Erkrankungen und Demenzen. Ursächlich vermutet man eine pathophysiologische Fehlregulation im Schlaf-Wach-Rhythmus durch demenzbedingte Veränderungen im Hypothalamus und Hirnstamm. Offen ist, ob umgekehrt zwischen der nächtlichen Schlafdauer eines Menschen und dem Risiko, eine Demenz zu entwickeln, ein Zusammenhang besteht. Die Ergebnisse früherer Studien zu Schlafdauer und Demenzerkrankungen waren widersprüchlich. Viele Studien hatten nur eine Nachbeobachtungszeit von weniger als zehn Jahren und konnten somit diese Fragen nicht sicher beantworten, da sich eine Demenz über einen längeren Zeitraum entwickelt.

Nun untersuchte eine neue Studie, ob die Schlafdauer von Menschen allgemein mit der Demenz-Inzidenz assoziiert ist (siehe Nature Communications, online am 20.4.2021). Ausgewertet wurden Daten von fast 8.000 Teilnehmenden einer Kohortenstudie, von denen im Laufe von 25 Jahren über 500 an einer Demenz erkrankten. Es zeigte sich, dass Personen, die im Alter ab 50 Jahren regelmäßig eine geringe Schlafdauer von weniger als sechs Stunden hatten, ein um 30% erhöhtes Demenzrisiko aufwiesen.

„Schlaf hat eine wichtige Bedeutung für die Ausbildung und Aufrechterhaltung kognitiver Funktionen bzw. die synaptische Plastizität, beispielsweise für Gedächtnis und Lernvorgänge. Die Studie ging somit einer wichtigen und interessanten Fragestellung nach“, kommentiert DGN-Pressesprecher Prof. Hans-Christoph Diener. Allerdings ließen die Daten keinen Rückschluss auf Kausalzusammenhang zu. „Zwar wurde eine große Kohorte über eine lange Beobachtungszeit analysiert, was relativ robuste Daten hervorbringen kann, dennoch handelt es sich um eine Beobachtungsstudie.“

„Ein wichtiges Ergebnis der Studie ist, dass die Assoziation von kurzem Nachtschlaf und Demenzrisiko – anders, als oft vermutet wurde, unabhängig war von psychischen Faktoren bzw. Erkrankungen, die ihrerseits mit Schlafstörungen einhergehen, wie beispielsweise Depressionen“, erklärt Prof. Richard Dodel, Essen.

Prof. Peter Berlit, DGN-Generalsekretär, gibt abschließend zu bedenken: „Ob dann auch der Umkehrschluss gilt, dass längerer bzw. normaler Nachtschlaf eine Demenzentwicklung vorbeugen kann, bleibt natürlich ungeklärt. Dennoch könnte die Botschaft an die Bevölkerung lauten, dass eine gute Schlafhygiene grundsätzlich der Gesundheit zuträglich ist – insbesondere auch der des zentralen Nervensystems.“

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V.