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Neue MRT-Technik könnte die Diagnose und Therapie von MS verbessern

Eine neue MRT-Technik, die den Weg zu einer schnelleren Bewertung der Krankheitsaktivität bei Multipler Sklerose (MS) ebnen könnte, wurde an der MedUni Wien entwickelt.

Eine möglichst frühe Diagnose und Therapie sind bei Multipler Sklerose (MS) ausschlaggebend, um ein Fortschreiten der Erkrankung zu verzögern. Dabei spielt die Magnetresonanztomographie (MRT) als bildgebendes Verfahren eine zentrale Rolle. Auf der Suche nach immer besseren Methoden wurde an der MedUni Wien im Rahmen eines Forschungsprojekts eine neue MRT-Technik angewandt, die den Weg zu einer schnelleren Bewertung der Krankheitsaktivität bei MS ebnen könnte. Die Studie wurde von einem Forschungsteam unter der Leitung von Wolfgang Bogner an der Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin der MedUni Wien durchgeführt und kürzlich veröffentlicht (siehe Radiology, online 4.1.2022).

Multiple Sklerose ist eine Erkrankung des zentralen Nervensystems, die sich in Veränderungen (Läsionen) vor allem im Gehirn manifestiert. MS ist bis heute nicht heilbar, kann aber gut behandelt werden. Entscheidend für die Prognose ist eine frühe Diagnose, bei der möglichst detailreiche bildgebende Verfahren einen hohen Stellenwert einnehmen. Mittels herkömmlicher MRT können die Läsionen im Gehirn zwar entdeckt werden, doch forschen Wissenschaftler:innen nach Methoden, die die Veränderungen in einem früheren, mikroskopischen oder biochemischen Stadium erkennen lassen. Als vielversprechendes Werkzeug dafür hat sich die Protonen-MR-Spektroskopie genannte Methode herausgestellt.

Mit dieser Technik ging die Forschungsgruppe um Eva Niess und Wolfgang Bogner von der Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin der MedUni Wien gemeinsam mit Wissenschaftler:innen der Universitätsklinik für Neurologie der MedUni Wien im Rahmen ihrer kürzlich veröffentlichten Studie noch einen Schritt weiter in die Tiefe. Für den Vergleich der neurochemischen Veränderungen im Gehirn von 65 MS-Patient:innen mit denen von 20 gesunden Kontrollpersonen setzte das Team auf MR-Spektroskopie mit einem 7 Tesla starken Magneten. Dieses besonders leistungsstarke Bildgebungsinstrument wurde von Forschenden der MedUni Wien mitentwickelt und wird seit seiner Inbetriebnahme 2008 am Exzellenzzentrum für Hochfeld-MR der MedUni Wien zu wissenschaftlichen Untersuchungen z. B. des Gehirns verwendet.

Mit dem 7-Tesla-MRT konnten die Forschenden der MedUni Wien jetzt MS-relevante Neurochemikalien identifizieren, also Chemikalien, die an der Funktion des Nervensystems beteiligt sind. „Damit konnten wir Gehirnveränderungen in Regionen sichtbar machen, die in der konventionellen MRT unauffällig erscheinen“, weist Studienleiter Wolfgang Bogner auf ein zentrales Studienergebnis hin. Diese Erkenntnisse könnten laut der Hauptautorin der Studie, Eva Niess, in Zukunft eine bedeutende Rolle bei der Versorgung von MS-PatientInnen spielen: „Einige neurochemische Veränderungen, die wir mit der neuen Technik sichtbar machen konnten, treten schon früh im Krankheitsverlauf auf und können nicht nur mit Behinderungen korreliert sein, sondern auch das weitere Fortschreiten der Krankheit vorhersagen.“

Bis diese Erkenntnisse in die klinische Anwendung einfließen können, seien noch weitere Forschungsarbeiten nötig, so Niess und Bogner. Schon jetzt könne man sagen, dass die Ergebnisse die spektroskopische 7-Tesla-MR-Bildgebung als wertvolles neues Hilfsmittel bei der Diagnose von Multipler Sklerose und bei der Behandlung von MS-Patient:innen erweisen. „Wenn sich die Ergebnisse in weiteren Studien bestätigen, könnte dieses neue Neuroimaging-Verfahren zu einem Standard-Bildgebungsinstrument für die Erstdiagnose und für die Überwachung von Krankheitsaktivität und Therapie bei MS-Patient:innen werden“, blickt Wolfgang Bogner in die Zukunft. Derzeit ist die Methode nur auf dem aktuell in Österreich einzigen 7-Tesla-MRT an der MedUni Wien und nur zu Forschungszwecken verfügbar. Das wissenschaftliche Team um Eva Niess und Wolfgang Bogner arbeitet aber daran, das neue Verfahren für den Einsatz in klinischen Routine-MRT-Scannern weiterzuentwickeln.

Quelle: MedUni Wien