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Mit Magneten gegen Depressionen, Tinnitus und Schizophrenie

Bei der transkraniellen Magnetstimulation (TMS) wird die Aktivität im Gehirn mit einer individuell für den Patienten und dessen Erkrankung angepassten Magnetdosis entweder angeregt oder gebremst.

Manchmal braucht es auf fränkisch einen „Hutzer“, einen Anstoß von außen, um Dinge wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Dr. Christiane Licht, Assistenzärztin an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikums Nürnberg, befasst sich mit solchen „Hutzern“ – konkret mit Impulsen, die durch Magnetfelder ausgelöst werden und bestimmte Areale im menschlichen Gehirn stimulieren. Damit will sie Menschen helfen, die an therapieresistenten Depressionen, Tinnitus oder auch einer Schizophrenie leiden. Für ihre Forschungsarbeit auf dem Gebiet der sogenannten transkraniellen Magnetstimulation (TMS) ist die junge Ärztin jetzt ausgezeichnet worden.

Die Europäische Gesellschaft für Neuropsychopharmakologie hat Dr. Christiane Licht, die seit April dieses Jahres am Klinikum Nürnberg in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie unter Leitung von Prof. Dr. Thomas Hillemacher tätig ist, zu einem der besten Forschungstalente 2021 gekürt. Dank dieses Preises wurde Dr. Licht exklusiv zum Jahreskongress des Amerikanischen College of Neuropsychopharmacology eingeladen – ebenso zu einer Tagung der Amerikanischen Gesellschaft für Neuropsychopharmakologie in Puerto Rico. Beide Veranstaltungen finden coronabedingt unter strengen Hygienerichtlinien statt.

„Ich freue mich sehr, dass unsere Arbeit auf einer internationalen Bühne Anerkennung findet“, berichtet Dr. Licht, die ihre Forschungsergebnisse online vorstellen wird. „Wir machen in der Praxis seit rund sechs Jahren bereits sehr gute Erfahrungen mit der transkraniellen Magnetstimulation (TMS) bei therapieresistenten Depressionen und Tinnitus. Unsere Studien lassen nun auch darauf schließen, dass das Verfahren Betroffenen mit Schizophrenie helfen kann.“ Ziel sei es dann, so Dr. Licht weiter, die TMS-Therapie bis zur Zulassung für diese Patientinnen und Patienten weiterzuentwickeln.

Zwei Magnetstimulatoren gibt es im Labor für Neurostimulation und Chronobiologie des Klinikums Nürnberg. Die Patienten sitzen bequem auf einem Stuhl, über ihrem Kopf wird eine Magnetspule platziert – in der Nähe des Hirn-Areals, das stimuliert werden soll. Die Spule erzeugt dann ein starkes Magnetfeld, vergleichbar einem Kernspintomografen. „Der Magnet ist stark“, warnt Dr. Licht. „Man muss schon auf Gegenstände wie Schlüssel und Mobiltelefone aufpassen.“ Durch langsame Erhöhung des Magnetfeldes wird die Schwelle bestimmt und die optimale Magnetdosis berechnet. Durch die vom Gerät erzeugten leisen Klackgeräusche wird die Aktivität im Gehirn je nach Erkrankung dadurch angeregt (bei Depressionen) oder gebremst (bei Tinnitus) – jeweils mit einer individuell für den Patienten angepassten Magnetdosis.

„Depressionen, unter denen in Deutschland schätzungsweise fünf Millionen Menschen leiden, gehen häufig mit einer Unteraktivität im Gehirn einher. Das führt beispielsweise zu Niedergeschlagenheit, Antriebsmangel und im schlimmsten Fall auch zu Suizidgedanken“, so Dr. Licht. Gerade Patienten, die nicht gut genug auf Medikamente und Psychotherapie reagieren, haben einen großen Leidensdruck. „Hier hat sich die TMS-Behandlung ebenso bewährt wie bei den Tinnitus-Patienten, die zu uns kommen.“

Die TMS-Behandlung im Klinikum Nürnberg wird durch speziell geschultes Personal und unter Einhaltung aller Sicherheitsstandards durchgeführt. Eine Standardtherapie besteht in der Regel aus 15 Sitzungen. „Nebenwirkungen gibt es nur selten“, fasst Dr. Licht zusammen. So kann es während der Behandlung zu leichten Kopfschmerzen oder Unwohlsein kommen. Nicht geeignet ist die TMS für Schwangere und Menschen mit Epilepsie, Herzschrittmachern, Gefäßclips nach Kopfoperationen oder Innenohrimplantaten.

Quelle: Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Standort Nürnberg