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Mäuse denken auch im Schlaf!

Wissenschaftler fanden erstmals bei schlafenden Mäusen den Nachweis für die andauernde Aktivität in einer bestimmten Nervenzellgruppe, die eine zentrale Schaltstelle für die Gedächtnisbildung ist.

Wissenschaftler des Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) fanden erstmals bei schlafenden Mäusen den Nachweis für die andauernde Aktivität in einer bestimmten Nervenzellgruppe, die eine zentrale Schaltstelle für die Gedächtnisbildung ist. Die Studie wurde in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Nature Neuroscience veröffentlicht. Den Wissenschaftlern gelang es, die „Konversation“ der Neurone zwischen den beteiligten Hirnregionen zu beschreiben. Genau die untersuchten Hirnareale sind auch als erste bei der Alzheimer Demenz betroffen, daher sind die Studienergebnisse von großer Bedeutung für die Erforschung dieser Erkrankung.

Das Team um Dr. Thomas Hahn, Arzt in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie und Wissenschaftler am Bernstein Center for Computational Neuroscience Heidelberg - Mannheim, untersuchte im Rahmen einer BMBF-geförderten Deutsch-US-amerikanischen Kooperation in Computational Neuroscience zusammen mit Kollegen in Los Angeles die Kommunikation zwischen der Großhirnrinde und dem Hippocampus während des Tiefschlafs. Der Hippocampus ist eine Hirnstruktur in der verschiedene sensorische Systeme verarbeitet werden und die wichtig ist für die Gedächtniskonsolidierung, also die Überführung von Inhalten aus dem Kurzzeit- in das Langzeitgedächtnis. Im Mittelpunkt des Interesses der Forscher stand der Entorhinale Kortex. Dieser bildet im Netzwerk der Gedächtnisbildung die zentrale Schnittstelle zwischen der Großhirnrinde und dem Hippocampus und ist somit an verschiedenen Arten von Erinnerung (beispielsweise an dem autobiographischen und dem episodischen Gedächtnis) beteiligt.

Während des Tiefschlafs zeigt die Großhirnrinde zu 90 Prozent der Zeit ein langsames Wellenmuster mit einem regelmäßigen etwa sekündlichen Wechsel vom aktiven zum inaktiven Zustand. Die Forscher maßen nun die elektrische Aktivität gleichzeitig in der Großhirnrinde, im Hippocampus und in jenem Teil des Entorhinalen Kortex, der Informationen vom Großhirn erhält und diese in den Hippocampus weiterleitet.

Die Nervenzellen im Entorhinalen Kortex verhalten sich dabei ganz anders als bisher angenommen. Sie werden, wie erwartet, aktiv wenn sie von der Großhirnrinde Input bekommen. Doch wenn die Großhirnrinde wieder inaktiv wird, bleiben die Neurone des Entorhinalen Kortex in einem aktiven Zustand, als ob sie sich an etwas „erinnern“, das die Großhirnrinde gerade gesagt hat. Diesen Vorgang der anhaltenden Aktivierung nennen die Forscher Persistierende Aktivität. Diese spontane Persistenz beeinflusste daraufhin auch stark den Hippocampus. Andererseits weist der Hippocampus geringere Aktivität auf, wenn die Großhirnrinde aktiv ist. Somit entkoppeln die untersuchten Nervenzellen die Großhirnrinde vom Hippocampus, was man zwar bereits lange wusste, aber bisher nicht erklären konnte.

Die Ergebnisse der Studie könnten dazu führen, die bisherigen Theorien über das Arbeitsgedächtnis und die Gedächtnisbildung im Schlaf zu überdenken. Die untersuchten Neurone gehören zu jener Gruppe von Nervenzellen, die als erste bei der Alzheimer Demenz zugrunde gehen, somit könnten sich aus der weiteren Untersuchung der Persistenz und damit zusammenhängender Prozesse neue Ansatzpunkte zum besseren Verständnis der Alzheimer Demenz ergeben.Quelle: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI)