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Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Folgen und Komplikationen von Störungen des Sozialverhaltens

Generell steigt die Auftretensrate dissozialer Auffälligkeiten vom Kindes- bis zum Jugendalter an und verringert sich ab dem jungen Erwachsenenalter. Art und Ausprägung der Symptomatik weisen sich als deutlich geschlechtsabhängig: während Jungen häufiger direkte, ernstere aggressive sowie delinquentere Verhaltensweisen aufweisen, wählen Mädchen häufiger indirekte Formen (Petermann et al., 2001).

Bei Vorschulkindern stehen oppositionelle Verhaltensstörungen im Vordergrund. Im Grundschulalter gehen diese Verhaltensweisen bei einem Teil der Kinder in aggressives Verhalten über. In Pubertät und Adoleszenz treten schwerwiegendere dissoziale Verhaltensweisen auf, wie beispielsweise Diebstähle, Einbrüche oder Gewalttaten gegenüber Tieren und Menschen.

Nicht selten treten zu Störungen des Sozialverhaltens zusätzlich Störungen wie die Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung oder emotionale Störungen parallel auf. Sie erhöhen zusammen mit einer starken Ausprägung von oppositionellem Verhalten das Risiko für einen langfristigen Verlauf für gestörtes Sozialverhalten. Bei ca. 20 % der Kinder mit aggressiv-dissozialem Verhalten im Jugendalter treten depressive Symptome hinzu. Ebenso sind Entwicklungswege vom aggressiv-dissozialem Verhalten, zum Substanzmissbrauch und zur antisozialen Persönlichkeitsstörung nicht selten.

Da aggressive Kinder von anderen Gleichaltrigen abgelehnt werden, bleibt ihnen oft nur der Kontakt zu ähnlichen Außenseitern. Je geringer sie Kontakt zu Kindern außerhalb ihrer eigenen Gruppe haben, desto höher sind das Gewaltrisiko und die Identifikation mit den anderen Mitgliedern. Die Clique wird zur Ersatzfamilie. Nach jahrelanger Missachtung suchen die Kinder und Jugendlichen hier die vermisste  Anerkennung zu einer gefürchteten Gang. Wenn sie andere dominieren, können sie sich selbst aufwerten.
Besonders problematisch wird es, wenn die Gewaltsituation wie ein Rausch erlebt wird. Sie stellt somit die Suche nach dem Kick, existenzieller Erfahrung und nach Bestätigung dar.

Bei chronifizierten Störungen besteht das Risiko, keinen angemessenen Schulabschluss zu erreichen, so dass Probleme in der beruflichen Ausbildung auftreten. Ebenso können sich Folgeerkrankungen, wie Depressionen, Angststörungen und Abhängigkeitserkrankungen ausbilden.

Fachliche Unterstützung: Univ.-Prof. Dr. med. Gerd Lehmkuhl, Köln (DGKJP)