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Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Ursachen von Schlafstörungen bei Kindern und Jugendlichen

Dyssomnien

Die häufigste Form der nicht-organischen Schlafstörungen, die Insomnie, wird meist durch mehrere Faktoren ausgelöst (multifaktorielle Genese) und aufrechterhalten. Dies gilt zum Teil auch für die Hypersomnie und Störungen des zirkardianen Schlaf-/Wachrhythmus. Abhängig von dem Alter und dem Entwicklungsstand des Kindes oder Jugendlichen spielen individuelle Faktoren (z.B. Emotionen), Verhalten, familiäre Interaktionen  sowie äußere Bedingungen (Lärmbelästigung, Lichtquellen) oder auch physiologische Faktoren (Erkrankungen, erhöhte motorische Anspannung) eine Rolle.

Diese Schlafstörungen können durch abendliche aufregende Freizeitaktivitäten, späte, unregelmäßige oder nicht ausreichende Mahlzeiten, Koffein-Konsum und mangelnde körperliche Aktivität oder Schlafphasen am Tag verursacht werden. Bei Schulkindern und Jugendlichen spielen oft Schulstress, familiäre Konflikte sowie auch Probleme mit dem Freund oder der Freundin eine Rolle. Damit einhergehende emotionale Belastungen können zu inneren Konflikten und zu starker Anspannung führen und daher Probleme beim Schlafen verursachen.

Parasomnien

Die beiden häufigen Parasomnien Somnambulismus und Pavor nocturnus werden als Varianten des Entwicklungsgeschehens des zentralen Nervensystems gesehen, die aus lang andauernden, ausgeprägten Tiefschlafphasen heraus entstehen. Für beide Formen von Schlafstörungen konnte eine genetische Komponente nachgewiesen werden.

Auslöser für Schlafwandeln (Somnambulismus) können ein Schlafdefizit, Stressfaktoren sowie körperliche Reize (Fieber, obstruktives Schlafapnoesyndrom) sein. Schlafwandeln im Jugendalter wird vermehrt nach Übermüdung, Stress und emotionalen Belastungen beobachtet. In sehr seltenen Fällen handelt es sich bei dem vermeintlichen Schlafwandeln um epileptische Anfälle, die ähnlich aussehen können. Die meisten Kinder mit einer epileptischen Störung im Schlaf haben jedoch auch tagsüber Beschwerden (plötzliche Stürze, Bewusstlosigkeit, Zungenbiss, Einnässen usw.), so dass der Arzt eine eindeutige Diagnose stellen kann.

Auslöser für das nächtliche Hochschrecken (Pavor nocturnus) können unverarbeitete Probleme und Ängste des Kindes sein, ebenso wie Stresseinflüsse, Schlafentzug oder eine Schlafphasenverzögerung.
Für beide Parasomnien kommen auch physiologische Einflüsse, wie Fieber oder das obstruktive Schlafapnoe-Syndrom in Frage.

Als Ursachen für Alpträume werden individuelle Faktoren (z.B. Ängstlichkeit) diskutiert, ebenso wie eine genetische Veranlagung. Ihr Auftreten scheint mit belastenden Tagesereignissen zusammenzuhängen. Darüber hinaus können sie im Zusammenhang mit traumatisierenden Erfahrungen bzw. einer Posttraumatischen Belastungsreaktion (PTBS) auftreten.

Bettnässen (Enuresis nocturna)

Beim Bettnässen liegt in den meisten Fällen eine Entwicklungsstörung oder eine überaktive Blase (funktionelle Blasenkontrollstörungen) vor. Bei Kindern mit einer Entwicklungsstörung produziert die Hirnanhangsdrüse vorübergehend nicht genügend ADH, antidiuretisches Hormon, das die nächtliche Urinproduktion normalerweise gering hält. Die Blase kann die großen Urinmengen nicht fassen und entleert sich während des Tiefschlafs.
Bei den funktionellen Blasenkontrollstörungen zieht sich der Blasenmuskel wie in der frühen Kindheit schon bei kleineren Urinmengen zusammen und versucht sich zu entleeren. Die Kinder arbeiten den ganzen Tag durch „Kneifen“ gegen den Harndrang und können beim Toilettengang den Schließmuskel nicht mehr locker lassen. Die Folge sind ein unterbrochener Harnstrahl und Restharn in der Blase, der im Tiefschlaf ausläuft, weil sich dann alle Muskeln entspannen.

Bei Kindern, die bereits längere Zeit trocken waren, weist das Bettnässen auf Störungen im Urogenitaltrakt (Harnwegsinfektion, Störung der Blasenmuskelfunktion, Nervenstörung, angeborene Fehlbildungen der Harnwege) oder psychische Probleme hin. Im Falle einer Infektion kommen zum Einnässen noch andere Symptome hinzu wie Fieber, Schläfrigkeit etc.

Schlafapnoe

Beim Schlafen lässt im Gegensatz zum Wachzustand die Spannkraft aller Muskeln (Muskeltonus) nach – auch der an der Atmung beteiligten Muskeln. Bei manchen Menschen ist der Tonusverlust der Muskeln im Rachenraum so groß, dass die Atmung in erheblichem Maße beeinträchtigt werden kann und es während des Schlafes zu Aussetzern der Atmung kommen kann. Das ist dann der Fall, wenn die Erschlaffung der Muskeln des weichen Gaumens dazu führt, dass die Atemwege verschlossen und ein freier Luftfluss verhindert wird. Diese regelmäßig auftretenden Atemstillstände erkennt man an den Pausen beim Schnarchen.
Eine weitere Ursache für Schlafapnoe kann auch in einer Verengung der Atemwege durch Normabweichungen im Rachenraum liegen. Möglich hierfür sind beispielsweise zu große Gaumenmandeln, Vergrößerte Rachenmandeln (Adenoide) oder auch Übergewichtigkeit.

Restless-Legs-Syndrom

Das Restless-Legs-Syndrom (RLS) ist eine Nervenerkrankung mit der Folge von ungewollten Beinbewegungen, die vor allem in Ruhe beziehungsweise nachts auftreten. Man geht heute davon aus, dass das Restless-Legs-Syndrom vererbt wird. In manchen Fällen ist Eisenmangel die Ursache der RLS-Symptome.

Nebenwirkungen von Medikamenten

Bei Schlafstörungen müssen auch Nebenwirkungen von Medikamenten (bzw. das Absetzen von Medikamenten) in Betracht gezogen werden, wenn Betroffene Arzneien einnehmen. Den Schlaf beeinträchtigen können beispielsweise Medikamente, die zur Behandlung von Asthma eingesetzt werden, wie z.B. Beta-Mimetika. Auch Nebenwirkungen einer medikamentösen Behandlung von ADHS können sich negativ auf die Einschlafphase bei Kindern und Jugendlichen auswirken.

Fachliche Unterstützung: Univ.-Prof. Dr. med. Gerd Lehmkuhl, Köln (DGKJP)