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Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Augenzwinkern und „Grimassen schneiden“ kann bei Kindern auf Tic-Störung hindeuten

Bemerken Eltern bei ihren Kindern, dass sie häufig eine „Grimasse ziehen“ und auf die Aufforderung, dies zu unterlassen, nicht reagieren, sollten die Eltern nicht vorschnell verärgert reagieren. Unter Umständen verbirgt sich hinter dem Verhalten eine Tic-Störung.

Bemerken Eltern bei ihren Kindern, dass sie häufig eine „Grimasse ziehen“ und auf die Aufforderung, dies zu unterlassen, nicht reagieren, sollten die Eltern nicht vorschnell verärgert reagieren. Unter Umständen verbirgt sich hinter dem Verhalten eine Tic-Störung , die es dem Kind unmöglich macht, entsprechende Bewegungen dauerhaft zu unterlassen. „Typischerweise beginnen Tic-Störungen mit einfachen Bewegungen wie Augenzwinkern und Grimassieren oder Kopfrucken. Auch Lautäußerungen wie Hüsteln, Schniefen oder Räuspern sind möglich - oft setzen diese Tics zwei bis drei Jahre nach den motorischen Tics ein“, erläutert Dr. Ingo Spitczok von Brisinski vom Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Deutschland (BKJPP) mit Sitz in Köln. „Bei Tics handelt es sich um unwillkürliche Bewegungen oder Lautäußerungen, die manchmal von den Betroffenen selbst gar nicht bemerkt werden und die willentlich eben nicht beeinflussbar sind. Bleibt diese Störung unerkannt, kann das die Eltern-Kind-Beziehung erheblich beeinträchtigen, wenn Eltern fälschlicherweise davon ausgehen, ihr Kind sei unfolgsam und wolle provozieren.“ Untersuchungen haben gezeigt, dass zwischen dem Auftreten erster Tics und der Diagnose oft mehrere Jahre vergehen, weswegen das Familienleben in diesem Zeitraum sehr belastet sein kann. Der Beginn einer Tic-Störung liegt meist im Grundschulalter, sie manifestiert sich in der Regel bis zum 10. Lebensjahr und erreicht oft um das 12. Lebensjahr ihren Höhepunkt. „Neben einfachen Tics wie Kopfschütteln oder -nicken, die meist im Bereich von Gesicht und Kopf lokalisiert sind, kann es auch zu komplexen Bewegungsabläufen kommen, an denen mehrere Muskelgruppen beteiligt sind. Bei dieser Ausprägung können Stampfen, Hüpfen oder kreisende Bewegungen aber auch Kratzen und Beißen auftreten“, betont der Kinder- und Jugendpsychiater. „Auch Lautäußerungen können als komplexe Tics auftreten, dann summen oder pfeifen die Kinder, wiederholen Wörter oder ganze Sätze oder verwenden in selteneren Fällen vulgäre Ausdrücke und Obszönitäten. Treten vokale und motorische Tics kombiniert auf, spricht man von dem so genannten Tourette-Syndrom.“ Belastende oder aufregende Situationen können unter Umständen die Tics in Frequenz und Ausprägung verstärken. Die Komplexität mancher Tic-Störungen ruft mitunter bei der Umwelt (Familienmitglieder, Freunde, Lehrer) großes Erstaunen sowie auch Ärger oder Zurückweisung hervor. Manche Personen fühlen sich durch die Tics provoziert, viele können sich nicht vorstellen, dass diese Handlungsweisen und Lautäußerungen tatsächlich unwillkürlich und krankheitsbedingt sind. „Der psychische Leidensdruck der Betroffenen ist aufgrund der auffälligen, nicht durchgehend kontrollierbaren Symptome in manchen Fällen hoch“, ergänzt Dr. Ingo Spitczok von Brisinski. Daher ist eine möglichst frühe Diagnose wichtig, um Betroffene und ihre Familien aufzuklären und ihnen zu ermöglichen, auch das Umfeld darüber zu informieren.“ Bei Patienten mit einer milden Tic-Ausprägung kann eine ausführliche Aufklärung bereits eine ausreichende Form der Behandlung darstellen und auch möglichen Folgeerscheinungen wie einer sozialen Angsterkrankung entgegenwirken. Tics sind ein häufiges Symptom. Schätzungen gehen davon aus, dass zwischen 10 und 15 Prozent aller Grundschulkinder vorrübergehend davon betroffen sind. Das Tourette-Syndrom wird mit einer Häufigkeit von 1% angenommen. Betroffene haben häufig weitere Verhaltensauffälligkeiten, die sich auf die Bereiche gesteigerte Impulsivität, Hyperaktivität und Ablenkbarkeit beziehen. Eine geringe Frustrationstoleranz sowie Zwänge, Ängste und depressive Episoden sowie Lernprobleme treten ebenfalls gehäuft bei Tic-Störungen auf.Die Pressemeldung des BKJPP ist mit Quellenangabe zur Veröffentlichung freigegeben.Bitte weisen Sie bei Verwendung im Printbereich auf das Informationsportal des BKJPP, www.kinderpsychiater-im-netz.de, hin. Bei Online-Veröffentlichung erbitten wir eine Verlinkung auf die Website.