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Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Ängste von Eltern übertragen sich leicht auf Kinder – therapeutische Hilfe wichtig

Angststörungen zählen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen bei Erwachsenen sowie Kindern und Jugendlichen. Unbehandelte Angstserkrankungen von Eltern können sich dabei auf ihre Kinder übertragen.

Eltern, die unter einer Angststörung leiden, sollten sich in professionelle therapeutische Behandlung begeben, damit sie ihre Ängste möglichst nicht an die Kinder weitergeben. Die Lernerfahrung scheint insbesondere bei der Entwicklung von krankhaften Ängsten eine große Rolle zu spielen. „Kinder orientieren sich am Vorbild der Eltern und verinnerlichen elterliches Verhalten. Daher besteht die Gefahr, dass die Kinder ebenfalls ängstliche Verhaltensweisen übernehmen und unter Umständen selbst eine Angststörung entwickeln“, erklärt Dr. Ingo Spitczok von Brisinski vom Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Deutschland e. V. (BKJPP). „Nicht jedes Kind angstkranker Eltern entwickelt eine Störung, aber es ist bekannt, dass solche Kinder häufiger psychische Probleme haben als Kinder, deren Eltern nicht unter einer Angsterkrankung leiden.“ Ungünstige Lernerfahrungen sind aber nur ein Aspekt, der bei der Entwicklung von Angststörungen eine Rolle spielt. Auch ein überkontrollierendes, übermäßig beschützendes Verhalten durch ängstliche Eltern kann sich problematisch auswirken, weil es die Kinder darin einschränkt, wichtige Erfahrungen zu machen und ein autonomes sozial kompetentes Handeln zu entwickeln. Oft entsteht ein Teufelskreis aus Überfürsorge des Elternteils und steigenden Verhaltensdefiziten sowie erhöhter Ängstlichkeit beim Kind. Neben familiären Faktoren spielen aber auch biologische, psychische und umweltbedingte Faktoren bei der Entstehung einer Angststörung im Kindes- und Jugendalter eine Rolle.

Kinder sollten nicht in Helferrolle geraten

Kommen Eltern in Situationen, in denen sie selbst große Ängste oder Panikattacken haben, ist es vorteilhaft, wenn sich der andere gesunde Elternteil verstärkt um das Kind kümmert und dabei viel Zuversicht ausstrahlt. Das gibt dem Kind die Möglichkeit, die Bedrohlichkeit der Situation von einer anderen Perspektive aus zu beurteilen, die nicht durch eine krankheitsbedingte übersteigerte Angstreaktion geprägt ist. „Älteren Kindern können psychisch kranke Eltern durchaus auch erzählen, dass das eigene ängstliche Verhalten Ausdruck einer Erkrankung ist. Dabei sollten sie den Kindern aber auch Aussichten auf eine Besserung der Krankheit machen“, rät der Kinder- und Jugendpsychiater. Besonders problematisch wäre es in solchen Situationen, wenn die Kinder von den Eltern als Helfer benutzt würden, um die Ängste zu überwinden. „Es darf nicht dazu kommen, dass sich die Rollen umkehren und die Kinder beruhigend und schützend auf die Eltern einwirken müssen. Das überfordert die Kinder in der Regel, weil ihnen adäquate Problemlösungsstrategien noch fehlen“, ergänzt Dr. Spitczok von Brisinski. Je schneller der Elternteil seine psychischen Probleme mit Hilfe einer psychiatrisch-psychotherapeutischen Therapie bewältigt, umso besser ist es für die Kinder.

Angststörungen zählen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen bei Erwachsenen sowie Kindern und Jugendlichen. Die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens davon betroffen zu sein, beträgt 15%. Angststörungen sind sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern gut behandelbare Erkrankungen.

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