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Das Informationsportal zur psychischen Gesundheit und Nervenerkrankungen

Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Unterstützung von ängstlichen Kindern

In der Regel schaffen die meisten Kinder die Bewältigung ihrer Angst nicht ohne ihre Eltern. Die Nähe zu Bezugspersonen und Rückhalt durch diese ist wichtig, sonst können bei ängstlichen Kindern übergroße Ängste entstehen, die sich weit in die spätere Entwicklung ziehen. Ein überkontrollierendes und übermäßig beschützendes Verhalten durch ängstliche Eltern kann sich hingegen problematisch auswirken und Ängstlichkeit beim Kind fördern, weil es darin einschränkt wird, wichtige Erfahrungen zu machen und ein eigenständiges sozial kompetentes Handeln zu entwickeln. Oft entsteht ein Teufelskreis aus Überfürsorge der Eltern und erhöhter Ängstlichkeit beim Kind, die dessen Entwicklung behindert.

Auch sollten Eltern darauf achten, ob sie ihre eigenen Ängste oder ihr eigenes Vermeidungsverhalten weitergeben. Denn Kinder lernen unter anderem von ihren Eltern, was sie als bedrohlich einschätzen. Eltern, die unter Angststörungen leiden, sollten sich am besten in professionelle therapeutische Behandlung begeben, damit sie ihre Ängste möglichst nicht an die Kinder weitergeben. Kinder lernen am Vorbild der Eltern und verinnerlichen elterliches Verhalten. Daher besteht eine Gefahr, dass die Kinder ebenfalls ängstliche Verhaltensweisen übernehmen und unter Umständen selbst eine Angststörung entwickeln.

Nicht jedes Kind angstkranker Eltern entwickelt Probleme, aber es ist bekannt, dass Kinder von Eltern mit Angststörungen häufiger seelische Probleme haben als Kinder, deren Eltern nicht unter Angst leiden. Im Gegensatz zu den meisten anderen psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter erscheint bei Angststörungen der Anteil des «Gelernten» besonders hoch zu sein.  Gleichzeitig spielen aber auch erbliche Faktoren eine Rolle. Um so wichtiger ist es, dass Eltern mit ihren eigenen Ängsten umzugehen lernen, damit diese nicht ihr Kind belasten.

Eltern sollten folgende über mehrere Wochen anhaltenden oder immer wiederkehrenden Verhaltensauffälligkeiten von einem Kinder- und Jugendpsychiater abklären lassen

  • Intensive Befürchtungen - ständige Ängste und Sorgen, Nervosität, Konzentrationsschwierigkeiten;
     
  • motorische Spannung - Ruhelosigkeit, Zittern, Muskelverspannung; Gelenks-, Kopfschmerzen;
     
  • körperliche Übererregbarkeit – Übelkeit, Schwitzen, Schwindel, Herzrasen, häufiges Wasserlassen, Durchfall, Mundtrockenheit etc. in bestimmten Situationen;
     
  • ausgeprägte Trennungsängste - unrealistische Gedanken über mögliches Unheil innerhalb der Familie, Kind kann sich nicht von Bezugsperson trennen;
     
  • Ein- und Durchschlafstörungen, unruhiger oder schlechter Schlaf.

Eltern sollten auf diese Anzeichen großer Ängstlichkeit und mögliche körperliche Symptome achten und diese in jeder Altersphase ernst nehmen und klären, wie ausgeprägt die Problematik ist. Wenn Ängste im Kindes- und Jugendalter den Alltag stark und anhaltend beeinträchtigen und zu Problemen in der Familie, im Kindergarten, in der Schule oder im Freizeitbereich führen, sollten sie unbedingt behandelt werden. Eltern sollten, wenn sie bei ihrem Kind häufig Ängste und Vermeidungsverhalten beobachten, mit einem Kinder- und Jugendpsychiater sprechen.

Eine frühe Behandlung kann Folgeprobleme wie den Verlust von Freundschaften, nicht erreichtem sozialen Status oder akademischen Grad und verminderte Selbstachtung verhindern. Eine frühe und vorbeugende Behandlung kann einen chronischen Verlauf einer Angsterkrankung verhindern helfen. Als Behandlungsmöglichkeiten stehen Psychotherapie (Spieltherapie, Einzeltherapie) und  Familientherapie zur Verfügung. Im Einzelfall ist die Symptomatik so ausgeprägt, dass der Kinder- und Jugendpsychiater zusätzlich die Einnahme bestimmter Medikamente empfiehlt.

Fachliche Unterstützung: Prof. Dr. med. Johannes Hebebrand, Essen (DGKJP)