Neurologen und Psychiater im Netz

Das Informationsportal zur psychischen Gesundheit und Nervenerkrankungen

Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Stottern: Kein Störungsbewusstsein beim Kind aufbauen

Das Umfeld reagiert auf Stotterer oft, indem sie einfach für sie weitersprechen, ihnen die Wortfindung abnehmen, ungeduldig Sätze vervollständigen oder auch auf Blickkontakt verzichten. Solche Reaktionen fördern ein Störungsbewusstsein sowie auch Gefühle von Entmündigung und Demütigung. Stottern kann eine erhebliche seelische Belastung bedeuten.

Stottern liegt vor, wenn im Redefluss bestimmte Unflüssigkeiten auftreten, wie Blockierungen, Dehnungen oder Wiederholungen von Lauten. In vielen Fällen handelt es sich um entwicklungsbedingte Sprechunflüssigkeiten, die nur vorübergehend auftreten. Rund 5 Prozent der Gesamtbevölkerung stottern zeitweise im Verlauf ihres Lebens. Jungen sind davon doppelt so häufig betroffen wie Mädchen. Das Stottern beginnt typischerweise im Alter zwischen zwei und fünf Jahren. Problematisch ist Stottern, wenn es länger als sechs Monate bestehen bleibt oder die Eltern bemerken, dass das Kind dagegen ankämpft oder ein Vermeidungsverhalten zeigt. Dann sollte das Kind möglichst bald eine Sprachtherapie erhalten.

Negative Reaktionen auf das Stottern eines Kindes können seinen Leidensdruck erhöhen, so dass es eine Sprechangst entwickeln kann. Diese kann dann auffälliger und belastender sein als das Stottern selbst. Stotternde Kinder sollten daher von ihrer Umwelt und insbesondere den Eltern nicht ständig darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie diese Sprachschwierigkeiten haben. „Häufige Ermahnungen und Korrekturen verunsichern die Kinder und lenken deren Aufmerksamkeit noch deutlicher auf den Sprechvorgang. Die Probleme des Kindes können sich dadurch weiter verstärken“, erklärt Dr. Ingo Spitczok von Brisinski vom Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (BKJPP). Das Umfeld reagiert auf Stotterer oft, indem sie einfach für sie weitersprechen, ihnen die Wortfindung abnehmen, ungeduldig Sätze vervollständigen oder auch auf Blickkontakt verzichten. Solche Reaktionen fördern ein Störungsbewusstsein sowie auch Gefühle von Entmündigung und Demütigung. Stottern kann eine erhebliche seelische Belastung bedeuten.

Stotternde Kinder entwickeln leicht ein Vermeidungsverhalten

Stotternde Kinder erleben, dass sie zeitweise die Kontrolle über ihr Sprechen verlieren und schlagen dann oftmals bestimmte Strategien ein, um diese belastende Situation zu bewältigen. So können sie in der Folge ein «Ankämpf-» oder auch Vermeidungsverhalten entwickeln. „Manche Kinder versuchen aus der unangenehmen Situation zu fliehen oder sie versuchen durch vermehrte Anstrengung während des Stotterns, gegen ihre Schwierigkeiten anzukämpfen. Letzteres zeigt sich durch eine verkrampfte Gesichtsmuskulatur, eine auffällige Atmung oder auch durch zusätzliche Bewegungen, die das Kind während des Sprechens mit den Armen oder Beinen ausführt“, berichtet der Experte. Manchmal werden auch Situationen oder Wörter vermieden, in denen das Stottern auftreten könnte.

Dem Kind die Anspannung nehmen

Stotternde Kinder haben vor allem vor den Reaktionen ihres Umfeldes Angst. Sind sie hingegen entspannt, fließt meist auch die Sprache vergleichsweise unproblematisch. „Eltern können stotternde Kinder unterstützen, indem sie dem Kind zeigen, dass sie vor allem an dem Inhalt interessiert sind, den das Kind mitteilen möchte und nicht an der Form“, rät der Kinder- und Jugendpsychiater. „Sie sollten ihre Kinder als Gesprächspartner ernst nehmen, ruhig zuhören, sie ausreden lassen und aufmerksam Blickkontakt halten.“ Vor allem aber, dürfen sie sich nie über das Stottern lustig machen.

(äin-red) Der Abdruck dieser Pressemeldung oder von Teilen des Artikels ist unter folgender Quellenangabe möglich: www.kinderpsychiater-im-netz.org. Bei Veröffentlichung in Online-Medien muss die Quellenangabe auf diese Startseite oder auf eine Unterseite des Patientenportals verlinken. Fotos und Abbildungen dürfen grundsätzlich nicht übernommen werden.