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Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Therapie und Trainingsprogramme bei Lese-Rechtschreibstörung (Legasthenie)

Eine Legasthenie kann man in der Regel nicht heilen. Aber mit Hilfe einer gezielten und frühen Förderung bei speziell ausgebildeten Therapeuten lassen sich die Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben deutlich vermindern. Es gibt heutzutage eine Vielzahl von Förderprogrammen für Kinder mit Lese- und Rechtschreibstörung, von denen jedoch die wenigsten hinsichtlich ihrer Wirksamkeit untersucht sind. Bei der Wahl des geeigneten Programms sollte darauf geachtet werden, dass zunächst eine individuelle Diagnostik die Förderschwerpunkte erfolgt. Darauf aufbauend sollte nach einem systematischen, evaluierten Förderkonzept, meist einzeln, die integrative Förderung begonnen werden. Eine Dauer von ein bis zwei Jahren ist in Abhängigkeit der Intensität der Förderung meist notwendig. Da fast 50% der Kinder mit einer Legasthenie an einer komorbiden psychische Symptomatik leiden, sollten psychotherapeutische Methoden in die Lernförderung integriert werden. Ferner ist die unterstützende Elternarbeit von großer Bedeutung, einerseits um eine Entlastung von Schuldgefühlen zu erreichen, anderseits um Unterstützung beim Umgang mit schulischen Anforderungen, Hausaufgaben und Förderung zuhause zu erzielen.

Bei der Auswahl eines Therapeuten sollte auf die Zertifizierung durch den Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie geachtet werden, da durch dieses Zertifikat eine grundständige Ausbildung  im Bereich der Legasthenie-Förderung nachgewiesen wird.

Einzelne Lese-Rechtschreibtrainings sind stufenweise aufgebaut (z.B. nach dem Stufenmodell nach Frith). Die erste Phase (Logografische Stufe)  beginnt mit der Buchstaben-Laut-Erkennung, d.h. die Kinder lernen, einzelne Buchstaben mit deren Laut zu verknüpfen. Hieran schließt die Alphabetische Stufe mit umfangreichen Sprech- und Hörübungen, was die phonologische Bewusstheit schult. Hierzu gehört es vor allem auch, die Lautstruktur der gesprochenen Sprache zu verstehen und sprachliche Einheiten wie Wörter, Reime, Silben und Buchstabenlaute zu erkennen. Am Ende schließt die Orthografische Stufe (z.B. auch mit Hilfe des „Marburger Rechtschreibtrainings) an, hierbei werden Rechtschreibregeln (z.B. Groß- und Kleinschreibung, Stumme-h-Regel, Mitlautverdopplung) vermittelt.

Neben den an den Entwicklungsstufen des Lesens und Rechtschreibens ausgerichteten Förderprogrammen gibt es auch verschiedene Förderansätze zur Verbesserung der Wahrnehmung, d.h. dem Trainieren der akustischen und visuellen Informationsverarbeitung. Diese Förderansätze sind jedoch nicht geeignet, die Lese- und Rechtschreibfähigkeit zu verbessern. Zunehmend  häufiger werden Computerprogramme für die Förderung  von Schülern mit Lese-Rechtschreibstörung angeboten. Es gibt hierfür spezielle Software-Programme, die z.T. auf die Bedürfnisse der Betroffenen zugeschnitten sind. Hierzu gehören systematische Wortlistentrainings, Programme, die das Morphemwissen fördern, Rechtschreibübungsprogramme, bei denen die Kinder einzelnen Buchstaben, Silben oder Wörter einsetzen müssen. Ohne eine zusätzliche therapeutische Unterstützung ist der Einsatz von Computerprogrammen aber nicht zu empfehlen, da eine Legasthenie-Förderung mehr Aspekte umfasst als ein Lese- und Rechtschreibtraining.

Liegt eine Legasthenie und eine psychische Störung vor,  die fachärztlich festgestellt wurde besteht die Möglichkeit für eine Übernahme der Therapiekosten beim Jugendamt nach den Richtlinien des SGB VIII, § 35a.

Fachliche Unterstützung: Prof. Dr. med. Gerd Schulte-Körne, München (DGKJP)