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Das Informationsportal zur psychischen Gesundheit und Nervenerkrankungen

Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Was sind Anpassungsstörungen?

Eine Anpassungsstörung ist eine Reaktion auf ein einmaliges oder ein fortbestehendes belastendes Lebensereignis, die sich in negativen Veränderungen des Gemütszustandes (affektive Symptome) oder auch in Störungen des Sozialverhaltens (zwischenmenschlich) ausdrücken kann. Sie tritt auf, wenn Menschen einen neu eingetretenen schwierigen psychischen oder physischen Zustand über einen längeren Zeitraum hinaus nicht akzeptieren können bzw. sich an die neue Lebenssituation nicht adäquat anpassen können. Die Anpassungsstörung charakterisiert sich durch Zustände subjektiver Bedrängnis und emotionaler Beeinträchtigungen, die sozialen Beziehungen und die Leistungsfähigkeit sind eingeschränkt, was einen hohen Leidensgrad nach sich ziehen kann.

Auslösende Stressoren können beispielsweise (chronische) familiäre oder berufliche Konflikte oder Probleme, finanzielle Schwierigkeiten, körperliche Erkrankungen sowie Krankheits- oder Todesfälle in der Familie/im Bekanntenkreis, die Geburt eines Kindes, rechtliche Probleme oder auch Umzüge sein. Nicht die objektive Härte des Ereignisses, sondern das subjektive Empfinden der Belastung, die Menge der vorherigen schwierigen Erlebnisse, die individuelle Belastbarkeit sowie die Bewältigungsfähigkeiten sind entscheidend für die Krankheitsentstehung und ihren Schweregrad. Eine Anpassungsstörung hält meist nicht länger als sechs Monate an, außer bei der längeren depressiven Reaktion.

Wo ist die Grenze zwischen einer normalen und einer krankhaften Reaktion?

Im Laufe des Lebens sind Menschen einer Reihe von negativen, belastenden Lebensereignissen ausgesetzt, die in der Regel adäquat verarbeitet und mit Würde bewältigt werden. Starke Gefühle von Ärger, Trauer, Betroffenheit und Hilflosigkeit, die durch verschiedene Belastungssituationen oder Schicksalsschläge ausgelöst hervorgerufen werden, sind normale Reaktionen. Normale Reaktionen zeichnen sich dadurch aus, dass dem Betroffenen ein situationsangemessenes Verhalten weiterhin möglich ist und verschiedene Freiheitsgrade erhalten bleiben, also nicht alle Lebensbereiche unter dem Eindruck der Belastung stehen. Ab welcher Schwelle therapeutische Hilfe notwendig ist, kann in einem Gespräch mit einem Psychiater abgeklärt werden. In einer Therapie werden dann Wege gesucht, die Belastungen abzubauen oder - wenn dies nicht möglich sein sollte - mit den Belastungen besser umgehen zu lernen.

Klassifikation von Anpassungsstörungen

Bezogen auf das vorherrschende Symptom werden gemäß ICD-10 sogenannte Subtypen unterschieden:

  • Kurze depressive Reaktion
     
  • Längere depressive Reaktion (kann bis zu 2 Jahren dauern)
     
  • Angst und depressive Reaktion gemischt
     
  • Mit vorwiegender Beeinträchtigung von anderen Gefühlen
     
  • Mit vorwiegender Störung des Sozialverhaltens
     
  • Mit gemischter Störung von Gefühlen und Sozialverhalten
     
  • Mit sonstigen vorwiegend genannten Symptomen

Fachliche Unterstützung: Prof. Dr. med. Ulrich Schnyder, Zürich (SGPP), Dr. Roger Pycha, Bruneck (SIP)