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Umgang mit Alkoholsucht: Beratung und Selbsthilfe auch für Angehörige wichtig

Bei einer Alkoholsucht ist der Umgang mit der Erkrankung nicht nur für den Betroffenen, sondern auch für den Partner und die Angehörige schwierig. Für sie ist es dann wichtig, bis zur erfolgreichen Behandlung selber mit der Situation klarzukommen und sich nicht aufzureiben.

Die Alkoholsucht eines Menschen ist nicht immer einfach zu erkennen, da die Betroffenen dazu neigen, sie zu verharmlosen oder gar zu leugnen. Menschen mit einer Alkoholabhängigkeit verändern sich in der Regel zunehmend in ihrem Verhalten und haben verschiedene psychische und soziale Auffälligkeiten. Sie zeigen oft ausweichendes oder aggressives Verhalten, haben Stimmungsschwankungen, Schuldgefühle und neigen zur Bagatellisierung von Schwierigkeiten. „Teil des Krankheitsbildes ist es auch, dass die Einsicht fehlt, abhängig zu sein. Manche Suchterkrankte brauchen Jahre, bis sie sich ihre Erkrankung eingestehen und bereit sind, professionelle Hilfe anzunehmen“, berichtet Dr. Robert Hämmig von der Schweizer Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (SGPP), die ihren Sitz in Bern hat. Bei dem Verdacht, dass sich der Partner, ein Angehöriger oder Freund in einer Alkoholabhängigkeit befindet, sollte man ein offenes Gespräch suchen und ihn dazu motivieren, eine Beratungsstelle oder einen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie aufzusuchen. „Mit einem Alkoholkranken sollte jedoch möglichst über seine Erkrankung und über Hilfsmöglichkeiten gesprochen werden, wenn er einen nüchternen Eindruck macht und nicht im Zustand der Volltrunkenheit. Wichtig dabei ist, Verständnis und vor allem auch Unterstützung zu signalisieren, wenn er etwas gegen seine Erkrankung unternimmt. Vorwürfe müssen vermieden werden, denn der Kranke macht sich diese in der Regel selbst“, ergänzt Dr. Hämmig.

Bei einer Alkoholsucht ist der Umgang mit der Erkrankung nicht nur für den Betroffenen, sondern auch für den Partner und die Angehörige schwierig. Für sie ist es dann wichtig, bis zur erfolgreichen Behandlung selber mit der Situation klarzukommen und sich nicht aufzureiben. „Angehörige oder Freunde von Alkoholkrankten sollten für sich selbst eine Beratungsstelle aufsuchen und sich gut über das Erkrankungsbild informieren. Das kann für Sie dem Umgang mit der Situation erleichtern und sie ein Stück weit vor Kränkungen durch den Alkoholkranken schützen“, rät der Suchtexperte. „Auch die Teilnahme an Selbsthilfegruppen kann sehr hilfreich sein, weil sie dort offen über ihre Probleme sprechen können und das Verständnis und die Toleranz gegenüber Problemen groß sind.“ Grundsätzlich ist es wichtig, dass sie auch an ihre psychische Gesundheit denken und lernen, sich hierfür konsequent zu verhalten und sich Freiräume zu erhalten.

Viele Angehörige, die die Folgen von Alkohol und Alkoholabhängigkeit zu spüren bekommen schämen sich und erzählen niemandem von ihren Problemen. Manche bemühen sich jahrzehntelang, den Schein zu wahren und den Betroffenen zu unterstützen. „Man sollte jedoch den Süchtigen nicht dabei unterstützen, seine Suchterkrankung zu kaschieren, ihn aus der Verantwortung für seine Situation zu entlassen, sein Verhalten zu entschuldigen oder gar zu decken. Dadurch kann sich für die Angehörigen ein Leben entwickeln, dass zu großen Teilen von der Abhängigkeit des Partners gesteuert wird. Diese so genannte Co-Abhängigkeit gefährdet dann deren psychische Gesundheit - mögliche Folgen können unter anderem Nervosität und Schlaflosigkeit, Magenerkrankungen, Depressionen bis hin zur eigenen Suchterkrankung sein“, so Dr. Hämmig. Für die Probleme, die durch die Abhängigkeit entstehen, sollte der Betroffene selber gerade stehen, ansonsten unterbleiben für ihn die negativen Konsequenzen und damit ein Leidensdruck. „Eine positive Änderung des Trinkverhaltens kann nur dann stattfinden, wenn der Süchtige bereit ist, sich helfen zu lassen und etwas zu unternehmen. Das ist in der Regel nur dann der Fall, wenn die Betroffenen die Verantwortung für ihr Handeln selbst tragen müssen und sich auch mit den negativen Konsequenzen auseinandersetzen“, ergänzt Dr. Hämmig.

Die Ursachen für eine Alkoholabhängigkeit werden in einer Wechselwirkung zwischen den individuellen Voraussetzungen eines Menschen (biologische Faktoren, psychologische Einflussgrößen, persönliche Lebensgeschichte), der umgebenden Gesellschaft (Kultur und soziales Umfeld) und der spezifischen Wirkung der Substanz Alkohol gesehen. Alkohol gehört in der Schweiz zu den fünf wichtigsten Krankheitsfaktoren und verursacht gegen neun Prozent der gesamten Krankheitslast. Jährlich sterben in der Schweiz etwa 1.600 Personen im Alter zwischen 15 und 74 Jahren an den Folgen des Alkoholkonsums.

Quelle Erkrankungszahlen/Sterbefälle (Schweiz): Bundesamt für Gesundheit (BAG)

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