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Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Psychotherapie kann chronischen Tinnitus lindern

Bei einem Tinnitus handelt es sich um ein Symptom, bei dem der Betroffene Geräusche wahrnimmt, die nicht durch die Umwelt verursacht werden. Die Ohrgeräusche wie beispielsweise Brummen, Pfeifen oder Klingeln werden nur vom Patienten selbst wahrgenommen und besitzen keinen Informationswert für den Betroffenen. Nur selten kann man einen Tinnitus auch tatsächlich hören, man spricht dann von „objektivem Tinnitus“, der zum Beispiel bei Gefäßverengungen aufritt.

Viele Patienten können mit dem Ohrgeräusch leben, einige aber belasten die Ohrgeräusche in einem hohen Maße und sie verspüren einen erheblichen Leidensdruck. Die Lebensqualität von Menschen, die unter dauerhaften Ohrgeräuschen leiden, kann jedoch durch eine Psychotherapie deutlich verbessert werden. „Psychotherapeutische Verfahren bieten zahlreiche Möglichkeiten, sich Techniken zur Bewältigung des belastenden Ohrgeräusches anzueignen“, rät Dr. Frank Bergmann, Vorsitzender des Berufsverbandes Deutscher Nervenärzte (BVDN) in Krefeld. „Bei der kognitiven Verhaltenstherapie geht es beispielsweise darum, die Zusammenhänge zwischen dem Ohrgeräusch, der aktuellen Lebenssituation und der emotionalen Befindlichkeit zu klären. Sie setzt an der Einstellungen und Bewertung des Betroffenen bezüglich seines Ohrgeräusches an und versucht negative Denkmuster aufzudecken, die sich ungünstig auf die Erkrankung auswirken. Auch können Strategien zur Aufmerksamkeitsumleitung und Stressbewältigung erlernt werden, wodurch die Belastung durch den Tinnitus reduziert werden kann.“ Darüber hinaus kann das Erlernen von Entspannungsverfahren hilfreich sein, die den Stressabbau unterstützen.

Psychotherapie bei psychischer Begleiterkrankung wichtig

Die Belastung durch den Tinnitus wird von Betroffenen sehr unterschiedlich wahrgenommen. Einigen gelingt es, den Tinnitus in ihren Alltag zu integrieren, andere leiden durch das permanente oder intermittierende Ohrgeräusch unter Konzentrationsstörungen oder Stimmungsschwankungen. In schlimmen Fällen ist kein Berufsleben oder soziales Leben mehr möglich und Folgen des Tinnitus dominieren den Alltag der Betroffenen. Eine Psychotherapie ist insbesondere dann hilfreich, wenn Betroffene zusätzlich unter einer psychischen Störung oder Erkrankung leiden, die sich wiederum negativ auf das Ohrgeräusch auswirkt oder durch die das Ohrgeräusch eine Verstärkung erfährt. „Eine längerfristige Psychotherapie benötigen insbesondere diejenigen Patienten, die ein Leiden aufgrund des Tinnitus entwickelt haben und beispielsweise als mögliche Folge unter einer Depression, einer Angsterkrankung oder einer chronischen Schlafstörung leiden. Eine psychiatrisch-psychotherapeutische Therapie ist dann nicht ausschließlich auf die Bewältigung des Tinnitus ausgerichtet, sondern zielt auch auf die Behandlung der Begleiterkrankung ab“, ergänzt der niedergelassene Nervenarzt aus Aachen.

Frühzeitige Behandlung erhöht Heilungs- und Linderungschancen

Häufige Auslöser eines Tinnitus sind eine hohe Stressbelastung - meist im Berufsleben - sowie auch permanenter oder kurzfristig auftretender starker Lärm. Von einer akuten Phase (akuter Tinnitus) spricht man in den ersten drei Monaten nach dem Auftreten der ersten Ohrgeräusche. „Ein plötzlich auftretender Tinnitus infolge eines Hörsturzes oder starker Lärmeinwirkung sollte unverzüglich mit durchblutungsfördernden Medikamenten behandelt werden, um eine Chronifizierung des Tinnitus möglichst zu verhindern“, rät der Aachener Nervenarzt. Aber auch gelegentlich wiederkehrende Ohrgeräusche sollten ernst genommen werden und von einem Nervenarzt abgeklärt werden.“ Besteht der Tinnitus länger als drei Monate, wird von einem chronischen Tinnitus gesprochen. Die Wahrscheinlichkeit einer Spontanheilung oder einer medizinischen Beseitigung wird dann als unwahrscheinlich eingeschätzt.

Ein Tinnitus kann sich prinzipiell in jedem Lebensalter entwickeln. Die meisten Betroffenen haben beim ersten Auftreten ein Alter zwischen 40 und 50 Jahren. Seit einigen Jahren steigt jedoch aufgrund lärmintensiver Freizeitaktivitäten der Anteil an jungen Patienten, die bis zum 30. Lebensjahr erkranken. Laut Angaben der Deutschen Tinnitus-Liga haben in Deutschland etwa 3 Millionen Erwachsene einen chronischen Tinnitus, d.h. einen Tinnitus der länger als 3 Monate besteht. Jährlich kommen circa 270.000 Neuerkrankungen hinzu.

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