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Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Bei Alkoholproblemen frühzeitig Hilfe suchen

Menschen mit Alkoholproblemen nehmen häufig zu spät Hilfsangebote in Anspruch. Liegt ein Alkoholmissbrauch vor, bei dem die Betroffenen noch die Kontrolle über ihr Trinkverhalten haben, ist oft auch eine Reduzierung des Alkoholkonsums möglich. Der erste wichtige Schritt ist das Gespräch mit einem Arzt oder dem Berater einer Suchtberatungsstelle.

Eine Alkoholsucht entwickelt sich in den meisten Fällen schleichend. Am Anfang steht der Alkoholmissbrauch, bei dem die Kriterien einer Abhängigkeit – wie der Kontrollverlust über den Alkoholkonsum – noch nicht erfüllt sind. „Bei einem Alkoholmissbrauch fällt es den Betroffenen oft schwer, sich gegen den Konsum von Alkohol zu entscheiden. Sie trinken nicht nur zunehmende Mengen Alkohol, sondern denken auch immer häufiger daran“ erläutert Dr. Sabine Köhler, Vorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Nervenärzte (BVDN) mit Sitz in Krefeld. „Hinzu kommen oft Schuldgefühle aufgrund des Alkoholkonsums, eine nachlassende Leistungsfähigkeit, zunehmende Gereiztheit und ein Verlust an Interessen, wenn sie sich nicht mit Alkoholkonsum verbinden lassen.“ Betroffene, die sich in einer solchen Situation dem Problem stellen und es nicht weiter verdrängen, haben gute Chancen, dem weiteren Missbrauch, damit einhergehenden gesundheitlichen Schäden und auch einer möglichen künftigen Alkoholabhängigkeit entgegen zu wirken. Im besten Fall gelingt es ihnen, auf Alkohol vollständig zu verzichten.

Leider nehmen Menschen, die von Alkoholmissbrauch betroffen sind, zu selten Hilfe in Anspruch und geraten dadurch nicht selten in die Abhängigkeit. Das liegt zum einen daran, dass Alkoholprobleme in unserer Gesellschaft stark stigmatisiert sind. Hinzu kommt, dass die Menschen befürchten, bei einer Behandlung sei die lebenslange Abstinenz unvermeidlich. Medizinische Hilfe oder andere Hilfsangebote werden häufig erst in Anspruch genommen, wenn bereits eine Abhängigkeit besteht. Anlass ist dann häufig eine erhebliche Beeinträchtigung der Gesundheit oder mit der Alkoholabhängig in Verbindung stehende Lebensereignisse, die eine Behandlung geradezu erzwingen.

Beratung erster wichtiger Schritt

Wer regelmäßig oder in zunehmendem Maß Alkohol konsumiert, kann sich zunächst einmal beraten lassen. „Das vertrauliche Gespräch mit einem Arzt oder dem Berater einer Suchtberatungsstelle ist ein erster wichtiger Schritt, um die Probleme anzugehen und sich Rat zu holen“, empfiehlt die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. „In dem Gespräch kann gezielt herausgefunden werden, welche Verhaltensänderungen und weiteren Maßnahmen im Alltag hilfreich aber auch realistisch sind damit die Betroffenen ihren Alkoholkonsum besser steuern können. Sie zielen darauf ab, sich mit dem eigenen Verhalten auseinander zu setzen und einen verringerten Alkoholkonsum auf einem gesundheitlich verträglichen Niveau zu erreichen.“ Ein solches therapeutisches Konzept kann aber nur bei Menschen, bei denen noch keine Alkoholabhängigkeit vorliegt, erfolgreich sein. Bei einer Alkoholabhängigkeit hingegen, die insbesondere mit einem vollständigen Kontrollverlust des Alkoholkonsums einhergeht, muss lebenslang auf Alkohol verzichtet werden, weil kleinste Mengen Alkohol wieder zu unkontrolliertem Alkoholkonsum und somit zurück in die Suchterkrankung führen.

Angehörige in Therapie einbeziehen

Ärztliche Ansprechpartner für Menschen mit Alkoholproblemen sind der Hausarzt, der Psychiater und Psychotherapeut oder der Nervenarzt. Die Kontaktdaten von Suchtberatungsstellen vor Ort finden Betroffene im Internet. Eine telefonische, persönliche Beratung bietet die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Sie vermittelt auch geeignete lokale Hilfsangebote. Auch Angehörige von Menschen, die von Alkoholmissbrauch oder Alkoholabhängigkeit betroffen sind, wie Ehepartner, Kinder und Eltern sollten in die Therapie einbezogen werden. Entsprechende Einzel- und Gruppenangebote für Angehörige werden von vielen Beratungsstellen angeboten.

9,5 Millionen Menschen mit riskantem Alkoholkonsum

In Deutschland liegt die Zahl der Menschen, die Alkohol in einem gesundheitlich bedenklichen Ausmaß konsumieren bei etwa 9,5 Millionen. Rund 1,77 Millionen Menschen im Alter zwischen 18 und 64 Jahren gelten als alkoholabhängig. Die Alkoholsucht ist dadurch charakterisiert, dass sich der Alltag im Wesentlichen am Alkoholkonsum orientiert. Die Betroffenen haben keine Kontrolle mehr darüber, wann sie Alkohol trinken, wann sie mit dem Trinken aufhören und wie viel sie trinken. Es besteht ein sehr starkes Verlangen nach dem nächsten Schluck und es können Entzugserscheinungen auftreten, wenn eine gewisse Zeit kein Alkohol konsumiert wird.

Die gesundheitlichen Folgen sind erheblich. Dazu zählen Schädigungen der Leber bis hin zur Leberzirrhose, Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schädigungen des Gehirns. Gesundheitliche Risiken durch Alkoholkonsum treten aber auch bei einem Trinkverhalten auf, dass von den meisten Menschen noch als normal beurteilt wird. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) empfiehlt Grenzwerte für gesunde Erwachsene bei denen ein Alkoholkonsum als unbedenklich angesehen wird. So sollten Frauen nicht mehr als 12 g Alkohol pro Tag zu sich nehmen – das entspricht einem Glas Bier (0,3 l). Bei Männern liegt die Empfehlung bei höchstens 24 g, also nicht mehr als zwei Gläsern Bier pro Tag. Zusätzlich wird empfohlen, an mindestens zwei Tagen in der Woche auf Alkohol zu verzichten.

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