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Studie: Menschen mit Schizophrenie werden zunehmend stigmatisiert

Menschen mit einer Schizophrenie stoßen in der Gesellschaft zunehmend auf Ablehnung. Das ergab eine Befragung von bundesweit 3600 Menschen. Jeder Dritte würde nicht mit einem an Schizophrenie leidenden Menschen zusammenarbeiten wollen.

Menschen mit Schizophrenie werden zunehmend ausgegrenzt. Das ergab eine Untersuchung von Greifswalder und Leipziger Wissenschaftler, die bundesweit rund 3600 Menschen befragt hatten. Während es 1990 jeder fünfte Deutsche (20 Prozent) ablehnte, mit einer an Schizophrenie erkrankten Person zusammenzuarbeiten, war es 2011 fast jeder dritte (31 Prozent). Der Anteil derjenigen, die es sich nicht vorstellen konnten, einen an Schizophrenie leidenden Menschen einem Freund vorzustellen, stieg demnach von 39 Prozent auf 53 Prozent. «Das Ergebnis ist beunruhigend», sagte der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Georg Schomerus, am Universitätsklinikum Greifswald am Dienstag. Es zeige, dass das Bedürfnis nach sozialer Distanz zu Menschen mit einer Schizophrenie gestiegen sei. Die Furcht habe zugenommen, während Mitleid und Hilfsbereitschaft abnahmen. Die Studie wurde unter anderem im Fachblatt The British Journal of Psychiatry veröffentlicht.

Im Gegensatz zu Menschen mit einer Schizophrenie blieb die Beurteilung von Menschen mit einer Depression oder Alkoholabhängigkeit unverändert. Alkoholabhängige erfahren demnach die stärkste Ablehnung unter den drei Krankheitsbildern. Jeder dritte Deutsche wünscht sich einen Alkoholkranken nicht als Nachbarn, 60 Prozent wollen einen Alkoholkranken nicht als Freund. Die Wissenschaftler führen die negative Entwicklung bei der Beurteilung der Schizophrenie auf die einseitige Betonung biologischer Prozesse bei der Darstellung dieser Krankheit zurück.

Etwa 0,5 bis ein Prozent der Bevölkerung erkrankt im Laufe des Lebens an einer Schizophrenie. Die Betroffenen haben ein gestörtes Verhältnis zur Realität, litten unter Halluzinationen und Wahnvorstellungen. «Wir konnten zeigen, dass durch ein rein biologisches Krankheitsverständnis eine vermeintliche Andersartigkeit der Betroffenen betont wird, und dadurch die Ablehnung steigt», sagte Schomerus. In der Gesellschaft müsse sich ein differenzierteres, lebendigeres Bild von Menschen mit psychischen Krankheiten etablieren. «Psychisch kranke Menschen dürfen nicht auf eine Fehlfunktion im Gehirn reduziert werden.»

Bei der Depression rücken die Befragten stärker als früher psychosoziale Gründe als Krankheitsursache in den Vordergrund. «Stress am Arbeitsplatz» sei von 80 Prozent der Befragten als Auslöser genannt worden, 1990 waren es 70 Prozent. Auf die offene Frage, wie sie das geschilderte Problem bezeichnen würden, antworteten bei der Depression in der aktuellen Umfrage über 10 Prozent mit dem Begriff «Burnout», 2001 waren es weniger als ein Prozent.

Studie: The British Journal of Psychiatry (doi:10.1192/bjp.bp.112.122978)

Quelle: dpa