Neurologen und Psychiater im Netz

Das Informationsportal zur psychischen Gesundheit und Nervenerkrankungen

Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Wo finde ich psychoedukative Gruppen?

Jeder Patient und alle Angehörigen haben ein Recht darauf, umfassend, anschaulich, laiengerecht und im gleichzeitigen Erfahrungsaustausch mit anderen Schicksalsgenossen über die Erkrankung und die erforderlichen Behandlungsmaßnahmen informiert und aufgeklärt zu werden. Zudem ist es in der Fachwelt heutzutage unumstritten, dass Psychoedukation notwendig, hilfreich und wesentlich für eine guter Therapie ist.

Psychoedukative Gruppen werden vor allem in psychiatrischen Kliniken oder Tageskliniken durchgeführt. Aber es gibt auch - allerdings viel seltener - ambulante psychoedukative Gruppenangebote in psychiatrischen Praxen, in Institutsambulanzen der psychiatrischen Kliniken, bei sozialpsychiatrischen Diensten oder in anderen psychiatrischen und rehabilitativen Einrichtungen.

Jeder Psychiater oder Psychotherapeut sollte Bescheid wissen, ob und wo psychoedukative Gruppen in der näheren Umgebung stattfinden. Auch über die einzelnen Selbsthilfeverbände von Patienten und Angehörigen können Adressen von Therapeuten oder Einrichtungen, die psychoedukative Gruppen anbieten, in Erfahrung gebracht werden.

Abgrenzung zum "Psychose-Seminar"

Der Begriff "Psychose-Seminar" steht allerdings für einen anderen Typ von Gruppe. Im Psychose-Seminar versuchen die Betroffenen selbst, im Austausch mit Angehörigen und interessierten Fachleuten Verständnis für "ihre Sicht der Dinge" zu gewinnen. In den Psychose-Seminaren zählt nicht allein das nüchterne Sachwissen, dort zählt vor allem die persönliche Stellungnahme, die Schilderung der jeweils ganz persönlich erlebten Erfahrungen mit Krankheit und Lebenskrisen. Hierzu gehört auch die Darstellung von persönlich erlebter Ungerechtigkeit, Kränkung usw. Ziel ist der offene, tolerante und gleichberechtigte Austausch zwischen Betroffenen, Angehörigen und Professionellen/Studierenden. Über das Mitteilen der persönlichen Erfahrungen und die Konfrontation mit anderen Sichtweisen soll der Wissenshorizont erweitert und eine umfassendere Vorstellung von diesem ungewöhnlichen Phänomen "Psychose" erreicht werden.

Psychoedukative Gruppen und Psychose-Seminare stellen keinen Widerspruch und keinen Gegensatz dar. Der Besuch von psychoedukativen Gruppen ist jedoch zu empfehlen, bevor an Psychose-Seminaren teilgenommen wird, um einen umfassenden Überblick über das derzeitige wissenschaftliche Krankheits- und Behandlungsmodell zu erhalten. Die Kombination von beiden Gruppenformen sollte dazu beitragen, dass der "Trialog" - das gemeinsame Gespräch zwischen Patienten, Angehörigen und professionellen Helfern - möglichst gewinnbringend und bereichernd für alle Seiten gelingt*.

Fachliche Unterstützung: Dr. med. Josef Bäuml u. Dipl.-Psych. Dr. Gabi Pitschel-Walz, 2005