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Herausgegeben von den Berufsverbänden für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland.

Schizophrenie - Therapie

Schizophrenie ist heute gut behandelbar, aber nicht immer heilbar. Im Umgang mit den Betroffenen ist eine Über- bzw. Unterforderung zu vermeiden. Durch eine individuelle und stufenweise Förderung mit wachsenden Anforderungen ist es möglich, den Verlauf der Krankheit positiv zu beeinflussen. Die Therapie einer Schizophrenie baut auf einer individuell abgestimmten Kombination von medikamentöser Therapie, Psychotherapie und anderen therapeutischen Verfahren (Ergotherapie, Soziotherapie etc.) auf. Viele Patienten werden anfänglich stationär behandelt und dann ambulant weiter betreut.

Medikamentöse Behandlung

Insbesondere in einer akuten psychotischen Phase verordnet der Psychiater/Nervenarzt zur Milderung der Symptome ein so genanntes Antipsychotikum (alter Begriff Neuroleptikum) - einzeln oder in Kombination. Dies sind chemische Substanzen, welche den Stoffwechsel der Botenstoffe (v.a. des Dopamins, aber auch von Serotonin und anderen Transmittern) in bestimmten Gehirnregionen beeinflussen. Sie unterdrücken vor allem psychotische Positiv-Symptome wie Halluzinationen, Wahn, Denkzerfahrenheit und hemmen die Aufnahme von Innen- und Außenreizen. Vielfach werden heute so genannte atypische Neuroleptika bzw. Antipsychotika der zweiten Generation eingesetzt. Wirkstoffe aus dieser Gruppe (Risperidon, Clozapin, Olanzapin, Amisulprid, Quetiapin, Ziprasidon, Aripiprazol) weisen im Gegensatz zu vielen klassischen Antipsychotika weniger Nebenwirkungen auf die Körpermotorik auf. Es ist aber zu beachten, dass jedes Antipsychotikum bestimmte Nebenwirkungen auslösen kann, die durch den behandelnden Arzt erkannt werden müssen.

Selbst bei optimaler Dosierung tritt eine wesentliche Besserung der psychotischen Beschwerden meist erst nach einigen Wochen ein. Daher sollte die Wirkung über 4 bis 6 Wochen beobachtet werden, bevor auf ein anderes Präparat umgestellt wird. Mit dem Nachlassen der Symptome wird die Dosis meist in kleinen Schritten reduziert. Ist die Symptomatik ganz abgeklungen, sollte als Vorbeugung eine Erhaltungsdosis für 1 - 2 Jahre gegeben werden. Es hat sich gezeigt, dass ohne Medikamente ein hohes Rückfallrisiko besteht, welches durch schützende Medikamente („Rezidivprophylaxe“) erheblich gesenkt werden kann. Bei Schizophrenie-Patienten mit mehreren Rückfällen werden Antipsychotika noch 3 bis 5 Jahre nach der akuten Phase eingenommen und bei Schizophrenie-Patienten mit chronischem Verlauf sogar dauerhaft.

Generell sollte die medikamentöse Therapie streng überwacht werden – hinsichtlich Wirkung, Verträglichkeit und regelmäßiger Einnahme. Die Patienten-Compliance, d.h. dass der Patient die Behandlung annimmt und u.a. sein Medikament entsprechend der ärztlichen Anweisung einnimmt, ist ein wichtiger Faktor für eine erfolgreiche Behandlung. Vorraussetzung ist, dass der Patient dem Arzt vertraut, sich ernst genommen und verstanden fühlt.

Ein besonderes Problem kann bei akuten schizophrenen Phasen die fehlende Krankheitseinsicht sein. Kommt eine Selbst- und Fremdgefährdung hinzu, ist eine Einweisung in eine „geschützte“ Station unabdinglich und - unter bestimmten juristischen Voraussetzungen - eine Behandlung gegen den Willen des Kranken unumgänglich.

Psycho- und Soziotherapie

Psycho- und soziotherapeutische Maßnahmen können erst in Kraft treten, wenn die Kooperationsbereitschaft des an einer Schizophrenie erkrankten Patienten zunimmt. Innerhalb der Psychotherapie geht es v.a. um das Verarbeiten des Krankheitserlebens, meist schon vorhandene Lebensprobleme zu meistern und um die Hilfe, sich selbst zu finden, die Wirklichkeit zu erkennen und zu bewältigen. Die Vermittlung des Wissens über die Krankheit ist für die Behandlung besonders wichtig und erhöht nachweislich die Patienten-Compliance. Vornehmlich findet diese so genannte Psychoedukation in Form einer Gruppentherapie statt.

Soziotherapeutische Maßnahmen zielen darauf ab, soziale Folgeschäden innerhalb der Familie, des Wohnraumes, der Arbeit und des gesellschaftlichen Lebens zu vermeiden. Das Betreuungsangebot umfasst Arbeits- und Beschäftigungstherapien, Strukturierung der Tagesabläufe oder berufsrehabilitierende Maßnahmen. Die Einbeziehung der Familie und des ganzen sozialen Umfeldes spielt eine wesentliche Rolle. Die umfassende Aufklärung über das Krankheitsbild und Kommunikationstraining sind z.B. wesentliche Bestandteile der Therapie. Denn die Akzeptanz und das Verständnis der Angehörigen sowie ein stabiles soziales Netz beugen einem Rückfall vor.

Kognitive Rehabilitation

Viele Patienten leiden noch nach Abklingen der psychotischen Symptomatik an kognitiven Einschränkungen, insbesondere Einschränkungen der Aufmerksamkeit, des Arbeitsgedächtnisses und des planerischen Vermögens. Diese können mit Hilfe der kognitiven Remediation bzw. kognitiven Rehabilitation behandelt werden. Dabei handelt es sich um verschiedene, zum Teil computergestützte Trainingsmaßnahmen und auch verhaltenstherapeutische Maßnahmen zur Verbesserung der kognitiven Funktionen. Die Behandlung dieser kognitiven Einschränkungen ist von enormer Bedeutung, nicht nur als Grundlage einer möglichst raschen beruflichen Wiedereingliederung, sondern auch zur Verbesserung der Krankheitseinsicht und damit der therapeutischen Allianz und Medikamenten-Einnahme. Auch die Beziehungs- und Funktionsfähigkeit in verschiedenen sozialen Rollen kann hierdurch verbessert werden.

Andere psychologische Trainingsprogramme trainieren – häufig aufbauend auf dem kognitiven Training – auch die soziale Wahrnehmung, die verbale Kommunikation, die sozialen Fertigkeiten und interpersonelle Problemlösung.

Fachliche Unterstützung: Prof. Dr. med. Peter Falkai (DGPPN) und Prof. Dr. med. Anita Riecher-Rössler (SGPP)