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Zur Burnout-Vorbeugung nicht nur auf Urlaub hoffen

Erholungsphasen sollten nicht nur in der Urlaubszeit, sondern das ganze Jahr über ermöglicht werden, um dauerhaft zu hohen Stress und Überforderung und damit ein mögliches Burnout-Erleben zu vermeiden.

Erholungsphasen sollten nicht nur in der Urlaubszeit, sondern das ganze Jahr über ermöglicht werden, um dauerhaft zu hohen Stress und Überforderung und damit ein mögliches Burnout-Erleben zu vermeiden. „Angemessene Maßnahmen zur individuellen Entspannung mit psychischer und physischer Regeneration sind regelmäßig wichtig - insbesondere nach besonderen Belastungsphasen. Ansonsten läuft man Gefahr, dass man sich auch in der urlaubsbedingten Auszeit nicht wirklich entspannen und erholen kann“, meint Prof. Dr. med. Mathias Berger von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN), die ihren Sitz in Berlin hat. „Viele Menschen bemerken erst im Urlaub, wie sehr sie unter Daueranspannung stehen, wie erschöpft und ausgelaugt sie sich fühlen. Diese Erkenntnis kann dann zusätzlich belasten. Auch stellt ein Urlaub meist keine längerfristige Auszeit dar, so dass er oft nicht ausreicht, um genügend regenerieren zu können.“ Personen, die häufig Anspannung erleben und eigene Bedürfnisse zurückstellen, können lernen, wie sie sich regelmäßig erholsame Entspannungsphasen schaffen können. Das Erlernen von Entspannungstechniken - wie vor allem des Achtsamkeitstrainings - ist hilfreich, um im Alltag aktiv Spannungszuständen zu begegnen.

Neben einer Optimierung der persönlichen Erholungsphasen ist es zur Burnout-Vorbeugung auch wichtig, sich regelmäßig die individuellen Erwartungen an das berufliche Leben vor Augen zu führen. „Manchen Personen wird gerade im Urlaub, in der arbeitsfreien Zeit bewusst, dass die momentane berufliche Tätigkeit nicht ihren Neigungen und Begabungen entspricht. Der Urlaub kann hierdurch sehr belastet sein. Im Extremfall können Verzweiflung und Gefühle von Ausweglosigkeit aufkommen, weil eine Veränderung unausweichlich scheint, aber meist nicht einfach zu bewerkstelligen ist“, meint Prof. Berger, der Ärztlicher Direktor der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Freiburg ist. „Eine regelmäßige Reflexion der persönlichen Werte und Ziele ist daher wichtig, damit eine mangelnde Passung der persönlichen Werte-Perspektive mit der gegenwärtigen beruflichen Situation keine negativen Konsequenzen hat. Hierfür kann gegebenenfalls auch Beratung oder therapeutische Unterstützung sinnvoll sein.“

Verschiedene Faktoren schaffen psychisch belastende Bedingungen am ArbeitsplatzAls arbeitsbedingte Belastungsfaktoren, die den Risikozustand eines Burnout verursachen können, werden daneben u.a. überhöhte Leistungserwartungen, ein Übermaß an Verantwortlichkeit, Widersprüchlichkeit von Erwartungen an eine berufliche Rolle, problembeladenes Klientel, mangelnde Transparenz am Arbeitsplatz, mangelndes Feedback und Gratifikation und übermäßige Überwachung gesehen. Ebenso gelten eine verstärkte Arbeitsbelastung z.B. durch Rationalisierungen sowie mangelnde Einflussmöglichkeiten, ein Zusammenbruch des Teamzusammenhalts und mangelnde Fairness und Wertkonflikte als Risikofaktoren.

Auch die dauernde Erreichbarkeit durch Handys und Mailkontakte gilt als problematisch, da hierdurch die Grenzen zwischen Arbeitswelt und Privatleben zunehmend aufgehoben werden. „Zeiträume, in denen man sich auf die eigenen Bedürfnisse und private Lebensplanung konzentrieren kann, die nicht durch den Kontakt mit der Arbeit unterbrochen werden, sind wichtig“, betont der Experte. Um den Kontakt zur Arbeit außerhalb der Arbeitszeit zu begrenzen, kann es sinnvoll sein, den Urlaub vorzubereiten und Kollegen in Tätigkeiten einzubeziehen, damit diese Vertretung leisten können. Auch sollte nur in Ausnahmefällen der Kontakt mit Personen aufgenommen werden, die sich gerade im Urlaub befinden. „Ein abhängig Beschäftigter, kann sich selbst jedoch nur Grenzen ziehen, wenn es die Rahmenbedingungen erlauben. Daher sind auch die Unternehmen gefragt, Bedingungen zu schaffen, die dies überhaupt ohne Gefahren erlauben“, ergänzt der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie.

Burnout kann Erkrankung nach sich ziehenDer Prozess des „Ausgebranntseins“ wird aufgrund der Vielgestaltigkeit der damit einhergehenden Befindlichkeitsstörungen oft lange nicht erkannt. Erste Anzeichen können sich in Schlafstörungen, andauernden Konzentrationsstörungen, Müdigkeit und nervöser Anspannung äußern. „Gehäuft treten Beschwerden auf, die sich meist auf die drei Bereiche emotionale Erschöpfung, Zynismus und Distanzierung sowie eine verringerte Arbeitsleistung beziehen“, ergänzt Prof. Berger. Burnout ist jedoch noch keine Erkrankung sondern eine Art Risikozustand. In dessen Folge sind unterschiedliche Verläufe möglich. „Menschen mit der Veranlagung zu Depressionen können depressiv werden, andere werden körperlich krank und erleiden einen Tinnitus oder Bluthochdruck. Auch Angsterkrankungen sowie Abhängigkeitserkrankungen können Folgeerscheinungen von Burnout sein“, so der Experte.

Bemerken Menschen entsprechende Symptome, sollten sie sich mit ihrem Hausarzt besprechen. Dieser kann gegebenenfalls zu einem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie oder Psychosomatik überweisen. Wichtig ist es zunächst, eine manifeste psychische Störung wie eine Depression oder Angsterkrankung oder eine körperliche Erkrankung, die eine spezifische Behandlung erfordert, auszuschließen. „Um Burnout dauerhaft zu begegnen, müssen nicht zu bewältigende Stressoren im Umfeld identifiziert und nach Möglichkeit behoben werden. Auch eine Reflexion und Neuausrichtung von persönlichen Erwartungen und Ansprüchen ist hilfreich, ebenso wie das Erlernen von Entspannungstechniken und das Etablieren einer selbstfürsorglichen, d.h. gesunden Lebensführung“, berichtet Prof. Berger. Ist die Grenze zu einer Depression oder Angststörung überschritten, haben sich psychotherapeutische Maßnahmen als hilfreich gezeigt. Manchmal kann es auch sinnvoll sein, Betroffene für die akute Entlastung im Rahmen von Therapieprogrammen vorübergehend aus ihrer überlastenden Lebensumwelt herauszunehmen.

Quelle: Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) zum Thema Burnout (http://www.dgppn.de/publikationen/stellungnahmen/detailansicht/article/141/positionspap-1.html)

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